Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Zweiter Band | |
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Das Theater im oberen Stadttheil ist prächtig, eines der größten Englands; die Galerie allein faßt 1000 Personen; Parterre und Logen die zweifache Zahl. Aber nur in den langweiligsten 3 Wintermonaten ist es geöffnet und im Sommer während der Assisen und Pferderennen. Letztere gehören zu den berühmtesten Englands. –
an der Normännischen Küste.
Auf dem Wege von Caen nach St. Malo liegt die kleine Stadt Avranches. Wenn man die Anhöhe erreicht hat, auf deren Rücken sie gebaut ist, überrascht eine der seltsamsten Landschaften das Auge. Dem Meere zu zeigt sich eine weite Sandebene, von zahlreichen, langsam hinschleichenden Flüssen bewässert, im Halbkreise schimmert der Ozean und am äußersten Horizonte hebt sich ein Felsencoloß einsam aus den Fluthen, der sein thurmgekröntes 600 Fuß hohes Haupt ernst und unheimlich, wie ein ungeheures Riesengespenst, in die Wolken streckt. Diese wunderbare Landschaft besteht aus den Marschen und der Bay von Cancale, der Felsen mit seinen Zinnen und Kuppeln aber ist Mont St. Michel, gleich berühmt als ein Sitz des Baals und des Jupiter, als heiliger Wallfahrtsort, als Kloster und als Festung; jetzt aber berüchtigt als ein grauenvolles Staatsgefängniß.
Die Frühgeschichte der Normandie erwähnt dieses merkwürdigen Orts als MONS BELINUS, den Berg des Baals, die geheiligte Wohnung der Druiden. Die Spitze des Felsens hatte damals die Form eines Altars und von ihm rauchten Menschenopfer den erzürnten Göttern. Als zur Zeit des Tiberius die Völker der gallischen Nordküste unter’s Joch der Römer kamen, verloren jene mit ihrer Freiheit auch ihren Kultus; MONS BELINUS, ihr Hauptsitz, wurde erstürmt und das Blut der letzten Druiden strömte auf dem hohen Altar und in dessen Vertheidigung, dahin. Ein Tempel des Jupiter wölbte sich darauf über die geweihete Stelle. Aber lange thronte auch der neue Gott hier nicht. Als das berühmte Edikt Kaiser Constantin’s (313) allen Völkern des römischen Weltreichs Glaubens- und Gewissensfreiheit schenkte, und nun Jeder den Schöpfer und Erhalter des Weltalls in seiner eigenen, frei gewählten,
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Zweiter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen und New York 1835, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_2._Band_6._Auflage_1835.djvu/36&oldid=- (Version vom 15.6.2024)