Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Zweiter Band | |
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und Unglück gestürzt sehen, – einen Abgrund so tief, daß kein Hoffnungsstrahl ihn mehr ergründen kann, so ist’s doch blos das Abirren von jenen die moralische Welt lenkenden Grundprinzipien, was sie in so große Uebel brachte, und sie haben, statt die Geschicke anzuklagen, blos ihrer Immoralität, ihrer Schwachheit und ihrer Unbesonnenheit zu fluchen.
Unter allen Völkern der neuern Zeit kennen wir nur ein einziges, welches, durch die Umstände begünstigt, jene Grundgesetze zum größern Theile rein und unverfälscht zur Base seines Lebens zu machen den Willen und die Kraft gehabt hat. – Auf sie haben die Nordamerikaner (in den Vereinigten Staaten) den Baum ihres Glückes gepflanzt, der binnen so kurzer Zeit zu der bewundernswürdigen Höhe gedieh, welche alles, was die frühere Geschichte Aehnliches berichtet, weit überragt. Und doch beschleicht ein trauriges Gefühl den Menschenfreund bei Betrachtung dieses stolzen Baumes; – denn nicht alle seine Wurzeln schlagen im guten Boden, und mancher schlechte Zweig verspricht eine giftige Aerndte. – Der Egoismus, jenes Element der Hölle, das auf die Stirne der Nordamerikanischen Freiheit die Neger-Sklaverei als Brandmal drückte, er trägt reifende Frucht und die Nemesis beginnt sie zu schütteln. – –
Der prachtvolle Marmorpallast auf nebigem Bilde, dessen reine Formen (er ist nach dem Muster des Parthenon erbaut) das Auge erfreuen, ist das Hauptquartier jener Selbstsucht, deren Umtriebe die Union seit einigen Jahren erschüttern. Die Bank der Vereinigten Staaten ist der Mittelpunkt, in dem die Geldstarken der Republik ihre Vereinigung zu dem Zwecke gefunden haben, eine Macht im Staate zu bilden, welche die Angelegenheiten desselben nach ihren besondern, eigennützigen Absichten leite, und eine Aristokratie neuer Art in dem Lande aufzurichten, wo Gleichheit aller Bürger als die heiligste, unantastbarste Grundlage des Daseyns erkannt ist. – Sie rufen zwar nicht, diese Aristokraten des Goldes, wie die des Faustrechts einst in der alten Welt gethan: Warum sollen wir uns anstrengen? Laßt uns zusammen treten und den Schwächern plündern, sie können für uns arbeiten und wir fortan ohne Mühe genießen: aber das Ziel, welches sie, vielleicht sich selbst kaum geständig, im Auge haben, ist wohl das nämliche; und der betretene Weg führt ihm zu, liege es auch noch so ferne nach Raum und nach Zeit. – Das erkennt man auch, und daher sieht man jetzt Bund gegen Bund und vielerlei Quälerei, Streit und Zwietracht unter dem freiesten und trotz jenen Uebeln bei weitem glücklichsten Volke der Erde.
Die Bank der Vereinigten Staaten wurde 1791 durch eine Kongreßakte in Philadelphia gegründet. Ihr Kapital war 10 Millionen Dollars. Sie gab Zettel aus, lieh auf Pfänder und gründete Zweigetablissements in allen Staaten. Den Einfluß, den sie dadurch auf die industrielle und handeltreibende Bevölkerung gewann, benutzten ihre Aktionairs frühe schon zu politischen Zwecken. – Als daher im Jahre 1811 ihr 20jähriges Privilegium abgelaufen war, versagte der Kongreß, – „weil sie eine Anstalt sey, deren Macht sich mit den Grundsätzen der Gleichheit und Freiheit nicht vertrage,“ – Erneuerung ihres Patents und hob sie auf.
Der Krieg mit England (1812–1815) und die daraus entstandenen Finanzverlegenheiten hatten die Regierung wie die Privaten das Entbehren eines Instituts fühlen lassen, welches über sehr große Geldmittel geböte und in der
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Zweiter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen und New York 1835, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_2._Band_6._Auflage_1835.djvu/206&oldid=- (Version vom 27.6.2024)