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Seite:Meyers Universum 2. Band 6. Auflage 1835.djvu/183

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LXXXVI. Wisbaden: der neue Kursaal.




Als der Schöpfer verborgene Schätze legte in der Gebirge Schooß, da hat er jene Hügelkette, welche den nördlichen Winkel ausfüllt, den der Rhein und der Main bei ihrer Vereinigung bilden, nicht unbedacht gelassen. – Nicht Gold, nicht Silber, nicht edles Gestein ist’s, auch nicht das Eisen, obschon es zwanzig tausend Hände regt, was des Taunus Reichthum begründet: – im Wasser quillt seinen Bewohnern Wohlstand und größerer vielleicht als den Bewohnern Perus in dessen Minen. Die Heilquellen des Taunus bringen jährlich über 2 Millionen Gulden aus der Fremde in’s Land und machen das kleine Herzogthum Nassau mit dichter Bevölkerung, und im Verhältniß zu ihr mit wenig Ackerbau, zu einem der wohlhabendsten Staaten Deutschlands.

Von den zahlreichen Bädern des Gebirgs ist Wisbaden das besuchteste, das berühmteste, das älteste. Die Römer schon kannten die mattiakischen Quellen, und noch sieht man die Spuren eines vom Drusus erbauten Kastells römischer Thermen und Grabmäler. Die Karolinger hatten hier eine Pfalz, von Karl dem Großen oftmals bewohnt. Städtische Rechte gab ihm Otto der Große im 11. Jahrhundert, und nach einer Urkunde aus derselben Zeit waren schon früher Siechhäuser für arme Leidende auf landesherrliche Kosten daselbst errichtet. Der Ruf der hiesigen Bäder ist folglich so alt als die deutsche Geschichte, älter als die Zeitrechnung der Christen.

Dennoch ist das außerordentliche Aufblühen des Orts, welches Jedem, der Wisbaden besucht, so sehr auffällt, eine Erscheinung der neuesten Zeit, und die uralte Stadt scheint eine Stadt von gestern zu seyn. Erst seitdem die Sitte, alljährlich in der Form einer Badekur einige Wochen, oder Monate der schönen Jahreszeit die Freuden der Natur und der Geselligkeit außer seinem Wohnorte zu genießen, allgemein geworden ist und die mittleren Stände durchdrungen hat, hat sich Wisbaden, wie so viele andere Kurplätze Deutschlands, zauberisch schnell von einem kleinen Orte zu einer der anmuthigsten Städte Deutschlands erhoben. Jetzt auch Hauptstadt des Herzogthums und der Sitz aller Oberbehörden hat es bereits 1000 Häuser und an 9000 größtentheils wohlhabende und gebildete Einwohner. Es erweitert sich mit jedem Tage, überall sieht man neue, schöne, zum Theil prachtvolle Häuser im Entstehen. Alles baut, um dem dringenden Bedürfniß der mit jedem Jahre zunehmenden Zahl der Fremden abzuhelfen. Mancher Sommer führte schon 9000 Gäste hierher; die meisten allerdings aus der Nähe, aber viele auch aus den entferntesten Ländern.

Für ein so großartiges Zusammenströmen von Hülfe und heitern Lebensgenuß suchenden Fremden ist durch eben so großartige Einrichtungen gesorgt. Jede Wohnung, zur bequemen Aufnahme von Gästen geeignet, hat ihre gemauerten, mit Marmorplatten ausgetäfelten Bäder, in welche das siedend heiße Wasser (aus den hier