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Seite:Meyers Universum 11. Band 1844.djvu/91

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CCCCLXXXVI. Der Raggozzi-Brunnen in Kissingen.




Ich war schon einmal Ceremonienmeister bei der Präsentation dieses beglückten Kurorts[1][WS 1]. Ein Lustrum ist seitdem vergangen. Während dieser Zeit ist der Ruf seiner Heilquellen durch alle Welttheile gedrungen, und von den äußersten Marken der Erde kommen Leidende, sich zu schaaren an die Tausende, welche alljährlich nach den Kissinger Brunnen pilgern, gläubig und hoffend, wie zu gnadenspendenden Heiligen.

Kissingen ist nicht mehr ein Bad des zweiten oder dritten Rangs. Es ist in die vorderste Reihe eingetreten und in dem ihm zugelegten stolzen Titel „Weltbad“ ist gewiß weniger Anmaßung, als rechtlicher Anspruch zu erkennen. Auch sein Aeußeres hat durch die Rangerhöhung außerordentlich gewonnen. Um den alten, in einem Viereck erbauten Stadtkern mit den kleinen, unansehnlichen Häusern, der noch vor 15 Jahren sich in gar nichts von einem gewöhnlichen fränkischen Landstädtchen unterschied, wachsen nach allen Seiten neue Straßen mit großartigen Gebäuden auf, und, aufgeputzt und dabei viel reinlicher als ehedem, macht das Innere des Orts selbst jetzt einen recht heitern Eindruck. In der Nähe des Kurgartens, zumal sind, wie durch Zauberkraft, eine Menge Paläste entstanden, deren Dekoration und Ameublement die Bestimmung verrathen, fürstlichen Personen zum Aufenthalt zu dienen. In der Kurzeit scheint hier in der That ein Kongreß von Königen versammelt. Luxuriöse Equipagen mit Livreen in allen Farben drängen sich, und Rang und Reichthum wetteifern im Zurschaulegen von Pracht und Eleganz. Das Rendezvous der glänzenden Gesellschaft ist zunächst der Kurgarten, in welchem die drei berühmtesten Heilquellen, der Raggozzi, der Pandur und der Maxbrunnen unter geschmackvoll geformten Pavillons entspringen, und der große Gesellschaftesaal im Arkadenbau, dessen Façade der Stahlstich versinnlicht.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Seite 85.