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Seite:Meyers Universum 11. Band 1844.djvu/35

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CCCCLXXVI. Zürich.




Auf dich haben das Aug’ die beschützenden Götter gewendet,
     Liedergefeierte Stadt, Zier des schönsten Gefilds;
Immer verdiene den Schutz, damit du ihn sicher behaltest;
     Immer gedenk’ des Berufs, Leuchte der Freiheit zu seyn.


Die Lage dieser heitern Stadt, hart an der grünlichen Limmat und an der Spitze eines Sees, der unter allen Schweizer Wasserbecken die meisten Reize an seinen Ufern vereinigt, im Schooße theils lachender und anmuthiger, theils wilder und abenteuerlicher Gebirgsformen, wird stets die Blicke des Reisenden festhalten, und hätte er ganz Europa durchzogen. Es ruht auf Zürich ein eigner Zauber. Nicht blos die Natur verleiht ihn; er wird auch durch das höhere Interesse der Humanität genährt, das sich an Zürichs Namen knüpft. Zwingli, Lavater, Geßner, Pestalozzi und viele andere hervorragende Geister, die der Menschheit als wohlthätige Gestirne leuchten, waren aus Zürich, oder fanden da ihren Wirkungskreis.

Zürich ist nicht groß. Eine hübschgebaute Stadt von 15,000 Einwohnern würde in manchem andern Lande kaum bemerkt werden; aber in der Schweiz nimmt sie den ersten Rang ein und steht selbst höher im Ansehen, als das größere Bern. Die Schweiz, der Republikenbund, kann keinen Centralpunkt des schweizerischen Lebens anerkennen; wo Alle gleich berechtigt sind, zugesteht man Keinem den Vorzug. Aber demungeachtet wird Niemand leugnen, daß sich in Zürich die größte Masse von schweizerischer Intelligenz und Bildung vereinigt findet, daß das schweizerische Leben hier seine größten Schlagadern hat, und Zürichs Einfluß auf den Gang der Angelegenheiten des Bundes, wenn auch kein leitender, doch ein sehr mächtiger ist. Zürich ist der rührigste Heerd für schweizerische Entwickelung und Fortschritte, was besonders in unserer Zeit sich dargethan. Nicht