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Seite:Meyers Universum 11. Band 1844.djvu/183

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wieder zu ihrem Rechte gekommen war, ist nun zwar von der französischen Regierung und der kirchlichen Behörde alles Mögliche geschehen, die schmachvolle Verstümmelung der kolossalsten That deutscher Baukunst durch geschickte Restauration zu verbergen; allein was die neue Kunst an die Stelle der zerstörten gebracht hat, kann das Verlorene so wenig ersetzen, als die Copie ein Raphael’sches Original. Aus diesen nachgebildeten Gestalten spricht nur zu häufig mehr der Dünkel ihrer Urheber als ihre Fähigkeit; die höhere Weihe gebricht ihnen, es fehlt ihnen der Funke der schaffenden Begeisterung.

Wir scheiden. Herb und zürnend blickt das Kreuz deines Münsters mich an – hindeutend auf das deutsche Kleinod, das der Friede in Räubershand gelassen. Mein Trost ist: Was der Zeiten Lauf unvermeidlich herbeiführt, wird doch geschehen, und was die Vergangenheit nicht zurückzufordern wagt, wird die Zukunft uns in die Hände geben. Auch das weiß ich: auf freiwillige Erstattung dessen, was Recht und Billigkeit verlangen, dürfen wir nicht hoffen. Aber die Zeit kommt gewiß, wo Deutschlands Anspruch, wohl weniger durch der Fürsten Mund, als durch des Volkes Schwert, Geltung und Erfüllung fordern wird, und das Ergebniß kann nicht zweifelhaft seyn. Wenn dann das deutsche Schwert zum zweiten Mal die Rheinbrücke schlägt und unser Recht im Rechte des Stärkern seine Kraft suchen wird – so wird das fiebernde Europa die Zeit beklagen, wo man alles das hätte leicht haben können, was dann nur die schwersten Opfer erringen mögen. War nicht die Nothwendigkeit der Wiedererstattung des Elsasses schon 1813 an dem Gesichtskreis unserer Edelsten heraufgestiegen? Warum standen die Gewaltigen zagend, warum fehlte ihnen der frohe Muth, ihre Hand auszustrecken nach dem Geraubten? Wann der Tag gekommen, da die Elsaßfrage wie ein schwarzes Gewitter am Horizonte steht und die Zukunft bewegt und alle Geister aus der Tiefe des Volks heraufbeschwört: o dann, wie wird es sie gereuen!