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Seite:Meyers Universum 11. Band 1844.djvu/14

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Diesen Tendenzen entgegen zu arbeiten und ihre Entwickelung zu stören, wäre unter allen Thorheiten die unverzeihlichste, und wer sich dieser unterfinge, hätte niemals auf Sieg zu rechnen. Was die Fürsten vernünftigerweise thun können, ist, den Einfluß des Geldes seine Entwickelungsphasen ruhig durchmachen zu lassen und sie durch ein kluges und rechtzeitiges Entgegenkommen zu begünstigen. Es macht sich dann die Umgestaltung still und ohne Zwist, abstreifend nur, was unhaltbar geworden, erstorben ist oder unnütz der Zeit, die uns gehört. Wenn man aber in plumper Weise stört und irrt, die Leidenschaften herausfordert und die im ruhigen Aufbau thätigen Triebe zur Gewaltthat und zum Gelüste nach Umsturz treibt, dann mag die Folgen hinnehmen, wer sie verschuldet. Es wäre der ärgste Irrthum, wenn man glauben wollte, daß, wenn man im Feldlager der Monarchen der Welt zuriefe: Rückwärts! und das Schwert über Alle erhöbe, die da Widerstand sich unterwinden, – das Geld noch auf ihrer Seite stehen würde. Es ist nicht zu verkennen, daß der Gang der Dinge seit den letzten zehn Jahren die Geldleute allmählig eher zur andern Seite hinzieht. Die Politik der Börsen dient nicht mehr, wie ehedem, vorzugsweise dem Absolutismus. Die Geldmächte sind schon seit geraumer Zeit zu einer bessern Würdigung seines Wesens gekommen, und der Cours seiner Garantien ist nicht der alte. Nachdem in so vielen Ländern, wo der Wille eines Einzigen herrscht, Liebe und Vertrauen hingeschwunden sind und das Ganze des Staatslebens einzig und allein noch auf dem Instinkte des Gehorsams ruht, nachdem man so vielfällig Regierungshandlungen sieht, die zum Kampfe gegen sie herausfordern, und wie ein treuloses, verwegenes Spiel mit den Völkern schon so lange Zeit gedauert! so kann sich auch die oberflächlichste Betrachtung nicht mehr verhehlen, wie es Noth thue, einen andern und bessern Weg einzuschlagen. Selbst die Rothschilde, der Könige treueste Bundesgenossen, rüsten auf den Abfall; sie flüchten ihre Millionen in die Schatzkammern der Industrie und befreunden ihre Interessen im Stillen mit denen der Bewegung. Diese scheuen sie nicht; nur Revolutionen wollen sie nimmer. Revolutionen tragen für die Geldinteressen stets den Schrecken bei sich, und für die Werke des Friedens sind sie von so furchtbaren Folgen, daß auch nur Verzweifelte sie jetzt herbeiwünschen mögen. Allezeit haben die Geldleute die Revolutionsmacher am meisten gehaßt. Aber sie unterscheiden jetzt, was sie früher nicht thaten, zwei Klassen von Revolutionären, und sie fürchten gerade die am meisten, welche die Völker durch ihre Regierungshandlungen zum legalen Widerstände aufstacheln und den Gräueln der Selbsthülfe den Weg anbahnen. –


Unter diesen Betrachtungen bin ich zum Börsenplatz gekommen. Der Fiaker hält, ich steige ab, und mit Entzücken betrachte ich den herrlichen Tempel, den die Pariser dem Gotte der Unterwelt, des Geldes und des