Zum Inhalt springen

Seite:Meyers Universum 11. Band 1844.djvu/127

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

allgemein, überall und zu allen Zeiten als solche erkannt sind, und solchen, die, glücklich vollendet, nicht mit einer Dornen-, sondern mit einer Lorbeerkrone vergolten werden. Es wäre auch klüger: denn hat durch alle Füssiladen, Marterkammern und Kerker die Ruhe, die Dauerhaftigkeit und das Wohlbefinden der Staaten Etwas gewonnen? Fragt die Geschichte aller Völker und aller Zeiten: sie wird es verneinen. So duldet denn, ihr Gewaltigen auf Erden, nicht, daß die Mord- und Kerkerpolitik ihr schauerliches Fastnachtsspiel länger treibe; aber greift das Uebel an der Wurzel an und rottet’s aus; d. h. – regiert besser!




CCCCLXXXXIII. Der Tuilerien-Palast in Paris.




Betrachtet man dies Königshaus, so möchte man ausrufen: Frankreich ist ein Bicètre und Bedlam; Gauner, Diebe, Heuchler sind seine Heiligen und Helden. Was haben der „großen Nation“ ihr Voltaire, ihr Rousseau, die Encyklopädisten, – was ihr contrat social, was die Ströme Bluts, in 30 Kriegsjahren vergossen, was die Julitage geholfen? Kamen nicht die alte Thorheit, die alte Sünde, der alte Jammer wieder nach jeder Wandlung? „Frankreich ist eher neu zu machen, als auszubessern,“ sagte schon Mirabeau, und wenn man die Annalen der Tuilerien liest, wird man versucht, ihm auf’s Wort zu glauben.

Vor drei Jahrhunderten standen auf der Stelle des Palastes, der sich so stolz erhebt, niedrige, schlechte Hütten. Ziegelbrenner trieben in denselben ihr Gewerbe, bis ein Brand sie verzehrte, worauf die damalige Regentin, Maria von Medici, den Plan faßte, die Gäßchen und Wohnungen in der Nähe anzukaufen, niederzureißen und auf dem also gewonnenen Platz sich eine neue Residenz zu erbauen. Der große Pavillon, welcher jetzt die Mitte der Tuilerien-Façade ausfüllt, war ihr Schloß. Ludwig XIII. und dessen Nachfolger bauten an, vergrößerten und erweiterten, und so ist nach und nach das kolossale Gebäude entstanden, in welchem Ludwig Philipp gegenwärtig Hof hält. – Seinem Umfange nach der größte Palast in Europa, steht er doch in künstlerischer Beziehung unter den meisten Königswohnungen; denn trotz der Größe, trotz dem Luxus an Säulen, Pilastern,