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Seite:Meyers Universum 10. Band 1843.djvu/94

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Durch die Holzung windet sich die Straße fort, bis sie den Fuß des Skandsenbergs erreicht, auf dessen Höhe wiederum eine treffliche Aussicht entzückt. In Westen breiten sich die Wälder und der See von Esrom aus; gegen Norden treten die Felsenküsten Schwedens majestätisch hinter den Fluchen des Kattegats hervor; das grüne Eiland Hveen und Schonens städtereiche Gestade grüßen von Ost über den von zahllosen Segeln belebten Sund herüber, und südwärts prangt im glitzernden See das schöne Friedrichsburg gleich einem Juwel in silberner Fassung.

An den See, in dessen Mitte, auf einer Insel, das Schloß liegt, lehnt sich im Halbkreise das freundliche Städtchen Friedrichsburg, dessen bescheidenes Aeußere mit der Magnifizenz des stolzen Fürstenhauses einen malerischen Kontrast gibt. Zugbrücken führen über die schilfbewachsenen Gewässer zu dem hohen Thore mit Wappen und Inschriften und in den mit gewaltigen Quaderstücken gepflasterten Vorhof. Das Schloß selbst ist aus Werkstücken in jenem Style aufgeführt, der bei den Prachtbauten des 17ten Jahrhunderts üblich war: – er zeigt den tiefen Verfall des Geschmacks und der Kunst. Dennoch macht das thurmreiche Gebäude durch seine Masse eine große Wirkung; nur im Innern fällt der Mangel an Schönheit der Verhältnisse unangenehm auf und keine Pracht kann ihn verdecken.

Friedrichsburg sollte eigentlich Christiansburg heißen, denn Christian IV. ließ das kaum vollendete Schloß niederreißen, welches sein Vater König Friedrich II. aufgerichtet hatte, und stellte diesen Prachtbau an seine Stelle. Er hat dem Lande Dänemark Millionen gekostet und steht jetzt leer, – ein unnützes Möbel des Königthums. Die Zimmer sind dürftig ausgestattet, die besten Gemälde und Kunstsachen sind nach Kopenhagen geschafft worden, größtentheils in’s Museum. Was zurückblieb, hat, vergleichsweise, wenig Werth. Jedoch hat die Kirche von ihren Schätzen Vieles behalten: sie ist mit Gold und Silber überladen, silberne Kronleuchter hängen von der Decke, eine Statue des Heilands von massivem Silber steht auf dem Altare. Ehedem war sie von den zwölf gleichfalls silbernen Statuen der Apostel umgeben; die Schweden nahmen sie aber mit fort, meinend, der Apostel Beruf sey nicht der, den Meister zu hüten.

Das Sehenswertheste ist der große Ritter- und Bankettsaal. Wände und Decken sind ganz mit der kunstvollsten Holzschnitzerei bedeckt, und 26 Künstler, die besten ihrer Zeit, waren 7 Jahre lang an dieser Arbeit beschäftigt. Bildnisse der Glieder der dänischen Königsraçe, zumeist in Panzer und Harnisch, starren von den Wänden. Zwischen vielen werthlosen Bildern sieht man auch ein paar gute Tafeln von Teniers und Salvator Rosa.