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Seite:Meyers Universum 10. Band 1843.djvu/163

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Feuerströmen wieder frisches, junges Leben: denn die porösen Laven zersetzen sich gar bald und der erwärmte Boden gibt dem üppigsten Pflanzenleben Nahrung. Die Fruchtbarkeit des Bodens um den Aetna ist sprüchwörtlich und so lockend für die Menschen, daß sie, so oft sie auch der gewaltige Berggeist verjagt hat, doch immer wieder, seine Schrecken und die Gefahr nicht achtend, in sein Reich zurückgekehrt sind.

Unter den neuesten Ausbrüchen des Aetna ist der von 1832 berüchtigt, welcher die Umgegend von Bronte und die schönsten Wälder verwüstete. – Keine Eruption war aber furchtbarer und in ihren Folgen entsetzlicher, als jene von 1669. Schon die Zurüstungen des Berges setzten damals ganz Sicilien in Bestürzung. Achtzehn Tage vor dem Ausbruch war der Himmel schwarz vom Rauche, und es blitzte und donnerte unaufhörlich. Zu gleicher Zeit setzten sich die Nachbarvulkane in Bewegung: die auf Stromboli und der Vesuv spieen Flammen, das Kreißen des größern Verderbers verkündend. Am 11. März öffnete, nach einer zweistündigen Pause, der Aetna selbst, unter plötzlichem, gräßlichem Krachen, seinen Leib nach Catanea zu, und in der Breite von mehren tausend Schritten drang aus dem ungeheuern Schlunde ein Feuerstrom. Noch in derselben Nacht entstanden an mehren andern Stellen des Berges Risse, aus denen sich nun die Laven unter stetem Beben der Erde der Niederung zuwälzten und Alles verbrannten und verheerten. Dies dauerte fort bis zum 25. März, wo das ganze Gebirge vom Erdbeben so gerüttelt wurde, daß der große Hauptkegel in sich selbst unter betäubendem Getöse zusammenstürzte. Bald darauf warf der Schlund die Bergtrümmer wieder aus und schleuderte Massen von tausend und mehren Centnern wie Federbälle in die Luft. – Die Lavaströme hatten indeß die Ebenen am Fuße des Aetna erreicht. Vor ihren glühenden Wogen fielen und vergingen Städte, Flecken und Wälder wie dürres Laub vor dem Sturme. Sie warfen die Mauern von Catanea nieder, und über der Stadt weg fluthend, suchten sie das Meer. Als sie das Wasser erreichten, sprudelte es thurmhoch auf in kochender Bewegung, und Prasseln ward gehört, schrecklicher als der furchtbarste Donner. Alte Lavaströme, auf welchen seit Jahrhunderten der Mensch Gärten und Wohnungen gebaut hatte, wurden, durch die unterirdische Hitze erweicht, flüssig, und mit Grauen sah man ganze Gehöfte mit Weinbergen auf den Feuerfluthen eine Zeitlang, wie Inseln, treiben, bis sie die Gluth verschlang. Binnen 40 Tagen – so lange dauerte der Ausbruch! – waren die Wohnungen von 37,000 Menschen zerstört worden, und von 20,000 Einwohnern Catanea’s blieben nur 3000 am Leben. –

Und nicht ist’s das erste Mal, daß diese Stadt der Aetna zerstört hat; schon dreimal hat die Lava ihre Straßen ausgefüllt, schon dreimal alles Leben in Tod verwandelt. Und wie oft auch hat der Kriegsgott in Catanea schrecklich gehaust! Schon von Dionys ward es verheert und geschleift. Es ging im punischen Kriege unter; Augustus colonisirte es von Neuem. Gothen, Vandalen, Saracenen fiel später die Stadt