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Seite:Meyers Universum 10. Band 1843.djvu/11

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An meine Leser!




Unfreundlich, ja fast barsch, bin ich von Euch geschieden. Es mag Manchem vorgekommen seyn, als wollte ich ihm am Schluß des vorigen Bandes die Thüre weisen. Jeder Mensch hat frostige Augenblicke und jedes wackern Mannes Herz hat seine Knochen. Wer sich verletzt fühlte, vergebe mir! Ich bin nicht erkaltet; die Sonne steht noch in meinem Osten: sie ist – die Liebe. –

Was ich will, davon zeugt mein Buch. – Zweck und Mittel, Thema und Ausführung, Boden und Quelle bleiben; der Born ist nicht auszuschöpfen, und so Viele schon aus ihm getrunken, so hat er dennoch des Labsals für künftige Zeiten genug. Wer die Erde für das leibliche Auge,für den Geist das Universum sich aufgethan, hat keinen Mangel an Stoff zu fürchten, noch sein Publikum Mangel an Neuheit; ja, wenn auch in allen Winkeln von Meer und Land nichts Anziehendes mehr zu erspähen wäre, so würde er doch, von seinem Standpunkte aus, die bekanntesten Dinge anders sehen, als die übrige Welt – und er zeigte folglich der Welt was Neues. Jeder begabte Mensch, in dem das Individuum tüchtig und scharf ausgesprochen ist, kann dies, und er braucht dazu das Meisterrecht nicht, welches die Zunft verbrieft.

So will ich denn fortwandern und Euch erzählen, was und wie ich sehe, bis Ihr müde seyd, oder das Herz mir ausgeschlagen, oder, wofür mich Gott behüte! dem umnachteten Sinn das Wahre, Schöne und Gute nicht mehr kenntlich ist. Auf meinem Wege aber will ich die Treue, die Sitte, die Gottesfurcht, das Recht, und die biedere, hochherzige Gesinnung preisen, wo ich sie finde, die Geißel schwingen über ihre Gegensätze, wo ich ihnen begegne, und nicht ängstlich thun, wenn ich auch einmal ertappt werde, daß ich mein liebstes Mädchen, die Freiheit, küsse. Meine Liebe ist in Ehren; ich mache darum keine Revolutionen und schreibe keine diplomatischen Noten an die Völker.

Meyer.