Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 2. Theil | |
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Nachdem ich einen beträchtlichen Theil im Ti zugebracht hatte, pflegte ich beim Herannahen der Abendkühle, entweder mit Fayawa auf dem kleinen See zu segeln, oder im Flusse mit einer Menge der Wilden zu baden, die um diese Stunde unfehlbar sich dort versammeln. Bei eintretender Dunkelheit versammelten sich Marheyo’s Hausgenossen und Gäste wieder unter seinem Dache; es wurden Kerzen angezündet, lange, merkwürdige Gesänge angestimmt, unendliche Geschichten erzählt, (durch welche Einer der Gegenwärtigen nicht viel klüger wurde) und alle Arten von gesellschaftlichen Spielen unternommen, um die Zeit zu vertreiben.
Die jungen Mädchen tanzten sehr oft im Mondschein vor ihren Wohnungen. Es giebt eine große Menge der verschiedenartigsten Tänze, doch sah ich nie die Männer daran Theil nehmen. Alle die Tänze bestehen aus schnellen, tobenden und schäkernden Bewegungen, bei denen jedes Glied in Anspruch genommen wird. Die Marquesas Mädchen tanzen in der That, so zu sagen, mit dem ganzen Körper; nicht die Füße allein, nein die Arme, Hände, Finger, ja die Augen im Kopfe scheinen mit zu tanzen. Wahrhaftig sie schwingen ihren geschmeidigen Körper, biegen ihren Nacken, heben und senken ihre nackten Arme, und schweben, und gleiten, und wirbeln auf eine Art, daß es fast zu viel war für einen ruhigen, gemüthlichen, bescheidenen, jungen Mann, wie mich.
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/52&oldid=- (Version vom 1.8.2018)