Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 2. Theil | |
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und war voll Eifer, das Werk zu beginnen; als ich ihm indeß bedeutete, daß er sich durchaus irre in Bezug auf meine Absichten, so war seine Trauer unbegrenzt. Als er sich aber von derselben erholte, schien er fest entschlossen, mir nicht zu glauben, sondern faßte seine Instrumente und bewegte sie in schrecklicher Nähe meines Gesichts hin und her, indem er alle die Bewegungen seiner Kunst machte, und dann und wann in ein lautes Lob über die Schönheit seiner Zeichnungen ausbrach. Bei dem bloßen Gedanken, lebenslänglich entstellt zu werden, wenn der Mensch seine Absicht an mir ausführte, erschrak ich heftig und bemühte mich ihm zu entkommen, während Kory-Kory, welcher bei mir stand, zum Verräther wurde und mich anflehte, dem schrecklichen Verlangen nachzugeben. Bei meiner wiederholten Weigerung war der leidenschaftliche Künstler fast außer sich und es überwältigte ihn der Schmerz, daß er eine so schöne Gelegenheit, sich in seiner Kunst auszuzeichnen, verlieren sollte.
Der Gedanke, seine Tättowirung auf meiner weißen Haut einzugraben, erfüllte ihn mit dem ganzen Enthusiasmus eines Malers; er blickte mich immer von Neuem an und mit jedem Blicke schien sein Ehrgeiz zu wachsen und sein Verlangen zuzunehmen. Da ich nicht wußte, wie weit er in seinem Eifer gehen könnte, und bei dem Gedanken schauderte, mein Gesicht durch ihn entstellt zu sehen, so
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/179&oldid=- (Version vom 1.8.2018)