Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 2. Theil | |
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Geschlecht durch die Männer gezollt wird, wie die Philosophen behaupten, der Maßstab der Bildungsstufe eines Volkes ist, so kann ich wahrlich die Typies als eine so gebildete Gemeinschaft hinstellen, wie je eine auf Erden lebte. Die religiösen Beschränkungen des „Taboo“ allein ausgenommen, konnten die Weiber des Thales jeder erdenklichen Neigung nach Belieben folgen. An keinem Orte der Welt macht man den Damen eifriger den Hof, nirgends werden sie höher geschätzt, als die Spender der reinsten Freuden, und nirgends sind sie sich ihrer Macht so bewußt. Ganz verschieden von der Lage der Weiber bei vielen rohen Nationen, wo dieselben alle Arbeit thun müssen, während die ungalanten Herren der Schöpfung in Trägheit untergehen, war das schöne Geschlecht im Thale von Typie von aller Arbeit befreit, wenn man überhaupt das Arbeit nennen kann, was selbst unter einem tropischen Himmel nie einen Schweißtropfen kostete. Die leichten häuslichen Beschäftigungen, die Tappabereitung, das Flechten von Matten und das Poliren von Trinkgefäßen waren die einzigen Arbeiten, welche die Weiber thaten, und selbst diese glichen mehr den Unterhaltungen, mit denen unsere feinen Damen die Muße ihrer Morgenstunden ausfüllen. Aber die munteren jungen Mädchen waren selbst mit diesen leichten und angenehmen Dingen äußerst selten beschäftigt. Diese launigen, sorglosen Dämchen waren aller nützlichen Beschäftigung entschieden
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/153&oldid=- (Version vom 1.8.2018)