Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 2. Theil | |
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bilden einen schönen Contrast gegen das ewige Grün, von dem sie umgeben sind. Straßen giebt es gar nicht im Thale, nur ein Labyrinth von Fußsteigen, welche in den verschiedensten Richtungen die zahlreichen Dickichte durchschneiden.
Die Mühen des Herbstes fühlt man nur sehr wenig im Thale von Typie, denn mit der einzigen Ausnahme des Lichtanzündens sah ich nie eine Arbeit, welche nur einen einzigen Schweißtropfen auf der Stirne des Arbeitenden bewirkt hätte. Mühe und Arbeit um das tägliche Brot sind ganz unbekannte Dinge. Die Natur hat den Brotbaum und die Banane gepflanzt und zur rechten Zeit bringt sie ihre Früchte zur Reife, und der müssige Wilde hat nur seine Hand auszustrecken und seinen Appetit zu befriedigen.
Armes Volk! Mir schaudert, wenn ich an den Wechsel denke, den wenige Jahre in diesem paradisischen Aufenthaltsorte bewirken werden, und wahrscheinlich werden die edelmüthigen Franzosen, wenn erst die entwürdigendsten Laster und die schrecklichsten Ausgeburten der Civilisation allen Frieden und alles Glück aus dem Thal vertrieben haben werden, der Welt großprahlerisch zurufen, daß die Marquesas-Inseln dem Christenthum gewonnen wären! und dieses wird die katholische Welt ohne Zweifel als ein glorreiches Ereigniß betrachten. Der Himmel sei den „Inseln der Seen“ gnädig! Die Sympathie, welche die Christenheit für sie fühlt, hat sich leider in zu vielen Fällen als ihr Todesstoß erwiesen.
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/136&oldid=- (Version vom 1.8.2018)