Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 2. Theil | |
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zu unterhalten schienen; aber dessen ungeachtet hatte ich bisweilen einen komisch aussehenden alten Herrn, in einem Anzug von schäbiger Tättowirung, bemerkt, welcher die Kühnheit hatte, sich gewisse Freiheiten mit der Dame herauszunehmen, und zwar in Gegenwart des alten Kriegers, ihres Ehemannes, welcher so gutmüthig zusah, als ob nichts vorginge. Dieses Betragen verwirrte mich mehr als irgend etwas Anderes, was ich in Typie sah, bis mich spätere Entdeckungen über die wahren Verhältnisse aufklärten.
Was Mehevi betraf, so hatte ich ihn für einen eingefleischten Hagestolz, wie die meisten der vornehmsten Häuptlinge gehalten; jedenfalls, wenn sie Weiber und Kinder hatten, so hätten sie sich ihres Benehmens schämen sollen, denn es ist gewiß, daß sie sich nie um häusliche Angelegenheiten bekümmerten. In der That, Mehevi schien der Präsident eines Klubbs von heiteren Gesellen zu sein, welche in großem Stile im Ti eine Junggesellenwirthschaft führten. Ich hatte keinen Zweifel, daß sie Kinder als überflüssige Lasten betrachteten, und ihre Begriffe von häuslicher Glückseligkeit zeigten sich hinreichend durch die Thatsache, daß sie keiner diensteifrigen Haushälterin erlaubten, ihre netten, kleinen Einrichtungen, die sie in ihrem wohnlichen Hause gemacht hatten, um und um zu kehren. Ich hatte indeß einige dieser lustigen Junggesellen stark im Verdacht, daß sie Liebesintriguen mit den Mädchen des Stammes verfolgten,
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/125&oldid=- (Version vom 1.8.2018)