1160, als Herzog Heinrich mit dem Kaiser in Welschland war, wohnte hinter dem Dom, wo damals der Weg zum Thor hinaus führte, ein Priester Namens Athelo. Dieser hatte zum Schutz der Kirche einen breiten und tiefen Graben ziehen und mit einer Zugbrücke versehen lassen. Da nun eines Morgens früh die Magd Wasser holen will, sieht sie einen großen Haufen Reiter im vollen Gallopp auf die Brücke zu reiten. Das war Herr Niklot von Meklenburg mit seinen Söhnen Pribislav und Wertislav, welche die Stadt von Mittag her zu überfallen gedachten, ehe der Weg versperrt war. Die Magd schreit laut: „der Feind ist da! der Feind ist da!“ Das hört der Priester und läuft, was er kann, zur Brücke, gerade als die Feinde daran sind, und zieht mit starkem Arm die Klappe auf, daß die Wenden unverrichteter Sache abziehn müssen. Als aber der Herzog diese Stücke und Tücke erfuhr, schickte er alsbald eine gute Besatzung unter einem tapferen Commandanten in die Stadt. Den Athelo aber machte er zum Propst der lübeckischen Kirchen.
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/22&oldid=- (Version vom 1.8.2018)