Philipp Lottich: Aufzeichnungen aus dem Munde des Volkes und Schilderungen aus dem Volksleben in der Umgegend von Schlüchtern | |
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Rechnung, schenkten ein, kauften die schwarzen Schnüre (Bänder) an den Scholdesstrauß und die rothen an den Rosmarin für den Pfarrer. Zu gleicher Zeit war Markt im Ort; allerhand Krämer hatten da Stände, Sattler, Seiler u. s. w. Die Musikanten hatten freie Kost. Die Blonburschen nahmen sie zum Mittagsessen mit nach Haus. Nachmittags, d. i. sobald die zwei Kirchen aus waren, holten sich die Blonbursche im Wirthshause ihre Musikanten nebst ein Paar Krügen Wein und begaben sich klingenden Spiels zum Scholdes. Hier ließen sie einige Stücklein aufspielen, tanzten mit den Mädchen, die sich eben vorfanden, und tranken unter lautem Juchheh auf das Wohl ihres braven Ortsvorstandes, der auch, wenn ihm gerade keine von den verschluckten Eichen und Tannen aus der Gemeindswaldung im Halse stecken geblieben, wacker Bescheid that. Er setzte darauf seinen Dreimaster auf, zog seinen langen Motzen an, und nachdem ihm die Bursche mit einem schwarzen Bande einen tüchtigen Strauß in das Knopfloch befestigt hatten, ergriff er sein spanisches Rohr, stellte sich an die Spitze der Versammlung, die Musik stimmte einen Marsch an, und fort gings in das Pfarrhaus. Hier wurde wieder Wein getrunken (jeder führte ein Glas bei sich im Sacktuche) und dabei Sr. Hochwürden ein Rosmarin mit rothen Schnüren überreicht. Seinerseits gab ihnen der Herr eine gute Lehre, ermahnte sie des guten nicht zuviel zu thun, Streit und Händel zu vermeiden und was dergleichen Redensarten mehr sind, die bei solchen Gelegenheiten pflegen mitgetheilt zu werden, aber nicht lange dabei zu bleiben. Aus dem Pfarrhaus is der Scholdes mit de Bursch bei dos Wirthshaus gefahren (gegangen) auf den Tanzplatz.
Mitten auf dem Tanzplatze, der schön eben und mit Sand belegt war, stand ein Mai (Birke oder Tanne) und dabei eine Stellage von Fässern und Brettern für die Spielleute. Der Schultheiß „ging erst dreimal so und dreimal so“ von den Spielleuten begleitet und sein spanisches Rohr
Philipp Lottich: Aufzeichnungen aus dem Munde des Volkes und Schilderungen aus dem Volksleben in der Umgegend von Schlüchtern. Bohné, Kassel 1854, Seite 365. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lottich_Volksleben_Schluechtern.djvu/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)