Ein Stückchen weiter hinaus im See lagen zwei verankerte Balken, die ein Kreuz bildeten, und ein Ruhepunkt für die Schwimmer waren.
Dort hinauf setzten sie sich, und das Kreuz schwankte unter ihnen und verursachte kleine Wellen, die leise rauschten.
Mit einem Arm sich umschlungen haltend, mit dem andern sich stützend, blieben sie sitzen, und es war ihnen, als ob die ganze Welt versänke ... nur ein Eden blieb nach, das ihnen gehörte ....
Auf der Dorfkirche in Seeshaupt schlug es 11 Uhr, – in einer halben Stunde wurde die Thür des Hotels geschlossen.
Das süsse Idyll hatte ein Ende ... seufzend stiegen sie aus dem Wasser und warfen die Kleider über.
Sie huschten die Treppe zu ihrem Zimmer so leise hinauf, wie sie sich entfernt hatten, und als sie die Thür hinter sich schlossen, entzündeten sie kein Licht, – denn die künstliche Helligkeit hätte den Zauber, der sie noch umfangen hielt, zerstört.
Sie stürzten sich in die Arme und küssten sich, küssten sich mit einem langen, glühenden Kusse.
Hennie Raché: 'Liebe. Roman'. G. Müller-Mann’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1901, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liebe_(Hennie_Rach%C3%A9).djvu/98&oldid=- (Version vom 10.11.2016)