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Seite:Lenau - dichterischer Nachlass, 1858.djvu/9

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sowohl in deren stofflichem Inhalte wie in der eigenthümlichen weitumfassenden Lebensanschauung des Dichters ihre motivirende Erklärung. Was diesem bei seinem „Faust“ gegönnt war, die Durcharbeitung und Ausführung seines Gegenstandes innerhalb der selbstgestellten Grenzen, scheint ihm bei „Don Juan“ leider versagt geblieben; denn obschon diese Dichtung in ihrer äußeren Handlung zu einem allenfalls genügenden Abschlusse gediehen ist, so trägt sie doch, ganz abgesehen von den in der Handschrift selbst vorkommenden Kennzeichen, innere unverkennbare Merkmale an sich, daß sie in der uns zurückgelassenen Form von dem Dichter selbst noch nicht als fertig und künstlerisch vollendet angesehen werden konnte. Wir finden die Erklärung dieses scheinbaren Widerspruches in der unserem Dichter eigenen und gewöhnlichen Art, seine poetischen Stoffe zu behandeln, die er, nachdem vorläufig der Reichthum des Gegenstandes bewältigt und in großartigen Umrissen und Gruppirungen zum einheitlichen Bilde geordnet worden war, zuerst nur in ihren hervorstechenden Glanzstellen und den seiner Begeisterung näher stehenden Lieblingspartien oft bis in die kleinsten Einzelheiten auszuführen liebte, während er erst später daran ging, die nöthigen Verbindungsglieder und

Empfohlene Zitierweise:
Nicolaus Lenau: Nicolaus Lenau's dichterischer Nachlaß. J. G. Cotta, Stuttgart und Augsburg 1858, Seite V. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lenau_-_dichterischer_Nachlass,_1858.djvu/9&oldid=- (Version vom 26.11.2022)