Seine Ideen sind immer herrlich, voll Sinn und Grazie. Die beiden Landschaften von Friedrich in seinem ihm eigenthümlichen Style, sind anziehend durch ihre stille Schwermuth. Die eine stellt seine Vaterstadt Greifswalde im Mondlicht dar; die andere ist ein ödes flaches Meergestade, in den kräuselnden Wellen spiegelt sich der Vollmond, und gerade in der Mitte stehen zwei einsame Wanderer, die uns den Rücken zuwendend, sinnend in das Gränzenlose hinaus schauen, welches von beiden Seiten in nächtlicher Düsterheit verschwimmt. Es ist unglaublich, wie viel so ein einfaches Bild der Phantasie gerade dadurch giebt, daß es ihr so viel zu denken überläßt; es sind die ungeschriebnen Zeilen, die oft so zauberisch anziehen.
Die Zeichnung des Direktor Schnorr, Petrus und Johannes am Tempel vorstellend, hat wie alle seine Arbeiten recht viel Liebes, Kindliches und Frommes. So sind gleichfalls die Sepiazeichnungen des Professors Seidelmann und seiner geschickten Gattin höchst zart und lieblich. Als eine sehr ungewöhnliche Erscheinung sahen wir ein Gemälde des Hrn. Prof. Schubert, die Cornelia, die ihre Kinder als ihren Schmuck zeigt. Doch der Raum dieser Blätter gestattet uns keine weitere Erörterung über so manches, was dies Zimmer noch enthält, und mit einem freundlichen Bick auf die braven in Sepia gezeichneten Landschaften von Hammer und Richterwollen wir scheiden, dankend für jeden Genuß und hoffend, keinen unserer wohlwollenden Winke gemißdeutet zu sehen.
Die Ausstellung der Kunstwerke in der Kön. Sächs. Akademie der Künste ist gestern geschlossen worden. Es scheint nicht, als ob die hiesige Abendzeitung etwas darüber sagen werde, und da sie nicht gern tadelt, thut sie recht wohl daran; sie würde wenigstens gleich damit anfangen müssen, zu bemerken, daß obgleich die Nummernzahl der ausgestellten Sachen bei Weitem größer als vorm Jahre war, des ächten Guten und Gediegenen sich doch bei Weitem weniger fand, als in der vorjährigen Ausstellung. Ich weiß nicht, wem die Schuld deshalb beizumessen sey, verkenne auch nicht, daß allerdings jene Ausstellung erst nach einem Zeitraume von 2 Jahren eintrat; aber mehrers Intereressante, besonders in historischer Hinsicht, hätte ich doch auch auf der gegenwärtigen erwartet. Es wollte einmal früher im Publiko, und irre ich mich nicht, auch in Nachrichten aus Dresden im Morgenblatte verlauten, daß eine Preisbewerbung bei der Akademie werde eröffnet werden, und dieß wäre gewiß eins der vorzüglichsten Mittel gewesen, interessante und Beschauenswerthe Werke zu erhalten; aber es ist alles wieder davon still geworden. Denoch sind solche Preisvertheilungen nicht nur bey allen andern Kunstakademieen eingeführt, sondern dürften auch hier, wo wahrlich recht wackere Tatente zu finden sind, die sich nur zu häufig in Kleinigkeiten, oder in ledigen Portraits erschöpfen, recht zweckmäßig und von guter Ausbeute seyn. Nun, es ist zu hoffen, daß die dießjährige Erfahrung dahin führen wird. Es bedarf ja keines allzugroßen Fonds dazu; der sächsische Künstler ist genügsam, liebend nur seiner Kunst höhere Ausbildung, und am Ende könnte ja immer das gekrönte Werk nach der Ausstellung, auf der es nothwendig prangen muß, dem Künstler zurückgegeben werden, als sein Eigenthum.
Vor Allem war ein großer Mangel an historischen Gemälden eigner Erfindung fühlbar, statt daß im vorigen Jahre eben darin sehr glücklich gewirkt worden war. In diesem Fache sind nur folgende anzuführen. Der Sturz der bösen Geister, Skizze nach der Offenbarung Johannis, in Oel gemalt vom Prof. Hartmann, mit Michelangelo’scher Kühnheit und Richtigkeit und wieder hoher Klarheit in der Parthie der guten Engel, aber durch seine eigne Kekheit eben für die Menge nicht ansprechend. Christus am Oelberge, Oelgemälde von Prof. Pochmann: natürliche Größe, einfach gute Farbengebung, wenig Idealisches im Engel, dagegen besonders gute Drappirung in der wohl zu jugendlichen Figur des Heilands, Studium unverkennbar. Eine bunt getuschte Zeichnung, Petrus und Johannes am Tempel vorstellend, vom Direktor Schnorr in Leipzig, in seiner beliebten Manier mit gutem Ausdruck, doch weniger glücklich in der Composition, welche zu stufenförmig wurde durch das gewählte Local. Amor, welcher eine junge Nymphe im Bogenschießen unterrichtet, kleines Oelgemälde von Moritz Retzsch, Mitglied der Akademie, in Hinsicht der Zeichnung gewaltig incorrekt, buntes Colorit, geringer Fleiß in Handhabung des Pinsels. St. Johannes von demselben, Nachtstück, mit sonderbar greller Beleuchtung, blaue Färbung, Augengestaltung, wie sie nicht die Natur giebt. Möge dieser junge Künstler, welcher so große Anlagen besitzt, zum Studio der guten Meister zurückkehren, und nicht blos seinen eignen Ideen über die Kunst folgen, dann wird er die diesjährigen, vernachläßigten Arbeiten bald durch treffliche vergessen machen. Die Mutter der Gracchen, welche einer vornehmen Römerin ihre Kinder mit dem bekannten Spruche vorstellt, kleine Skizze in Oel, vom Prof. Schubert. Man hatte lange nichts von der Hand dieses Künstlers gesehen, und erwartete daher jetzt um so mehr, dies mag wohl hauptsächlich mit auf die nachtheiligen Urtheile eingewirkt haben, welche allgemein über diese der Porzellanmalerei sich nähernde Arbeit gefällt wurden. Fleiß war daran nicht zu verkennen, aber er hatte erkältend gewirkt. Das Fußwerk der vornehmen Römerin war offenbar etwas verrenkt, und wie sich
Unbekannt: Einige Worte über die diesjährige Dresdner Kunstausstellung im August 1817. F. A. Brockhaus, Leipzig 1817, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leipziger_Kunstblatt_Dresdner_Kunstausstellung_1817.djvu/6&oldid=- (Version vom 21.9.2024)