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Seite:Lebensläufe Meissner Künstler.pdf/34

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hatten, mir am lautesten Beifall zollten. Nach dieser Zeit malte ich ein großes Ölbild „Lady Macbeth nachtwandelnd“. Dasselbe ist mehrfach auch der malerischen Behandlung wegen freundlich anerkannt worden; doch ist der übermenschliche Maßstab der Gestalt, zu welchem ich mich durch so viele von mir vorher ausgeführte überlebensgroße Monumentaldarstellungen verleiten ließ, etwas salonunfähig geworden, und da die jetzigen Ausstellungen mehr als Salons behandelt werden, so kann ich mich nicht entschließen, die übermenschliche Frau Macbeth in solche zu schicken. Vielleicht findet sie einmal in einem alten Schlosse einen Platz, wo sie als Gespenst nachtwandeln kann. Seit dieser Zeit bin ich ununterbrochen für Kirchen thätig gewesen; ich habe über achtzig größere und kleinere Kartons zu Glasbildern gezeichnet: für die amerikanische Kirche und für die Lutherkirche zu Dresden, die Kirchen zu Neustadt bei Stolpen, Löbau, Konstappel, Pieschen, Hohenstein-Ernstthal, Chemnitz, Doberan in Mecklenburg und für den altehrwürdigen Dom in Riga u. s. w. Für die Kirche zu Leisnig malte ich zwei Wandbilder im Auftrage der Regierung, nachdem ich die ausgeschriebene Konkurrenz gewonnen, „Die Anbetung der Weisen aus dem Morgenlande“ und „Der Einzug des Heilandes in Jerusalem“, dann ein Altarbild für Bodin in Mecklenburg „Petrus auf dem Meere durch den Heiland vor dem Versinken gerettet“, und in allerneuester Zeit habe ich ein Altarbild für Buchholz vollendet nach dem Motiv: „Kommet her alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ Noch so manche andere ausgeführte größere und kleinere, mehr dekorative Arbeiten und viele Entwürfe zu Bildern habe ich nicht erwähnt. Wie aus vorstehendem zu ersehen, ist meine künstlerische Thätigkeit hauptsächlich zu bestimmten monumentalen Zwecken beansprucht worden, und da man solche Werke nicht zu Ausstellungen herumsenden kann, so bin ich außerhalb Sachsens weniger bekannt geworden.“

Zur Ergänzung des vorstehenden Lebenslaufes sei noch hinzugefügt, daß der König Albert Herrn Dietrich 1881 unter gleichzeitiger Verleihung des Albrechtsordens zum Ehrenmitglied der Dresdner Kunstakademie ernannt hat.

Franz Dietrich,[1] der Bruder des vorigen, ist den 2. April 1838 in Meißen geboren; seine Jugend verlebte er ähnlich wie sein Bruder, ebenso seine Studienzeit in Dresden. Nachdem er die Akademie daselbst verlassen hatte, studierte er weiter als Schüler von Kreling in Nürnberg, dann in München und


  1. Nach Mitteilungen seines Bruders.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Loose: Lebensläufe Meißner Künstler. C. E. Klinkicht & Sohn, Meißen 1888, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lebensl%C3%A4ufe_Meissner_K%C3%BCnstler.pdf/34&oldid=- (Version vom 29.1.2025)