mich vertraute der Stadtrat zu Dresden mir diesen großen Auftrag an, obwohl eine Partei älterer Künstler in unliebenswürdigster Weise gegen mich intriguierte. Der Gedankengang, welchen ich diesen Bildern zu Grunde legte, ist folgender: Die sittliche Bildung habe ich darstellen wollen durch die Bethätigungen der Tugenden: 1. Liebe zu Gott: Das Opfer Abrahams. 2. Liebe zur Wahrheit: Sokrates nimmt den Giftbecher. 3. Liebe zum Vaterland: Curtius opfert sich für sein Vaterland. 4. Geistiger Mut: Luther auf dem Reichstag zu Worms. Die geistige Bildung wollte ich zum Ausdruck bringen durch Darstellung der Kulturgeschichte in ihren bedeutendsten Vertretern. 1. Unter Abrahams Opfer, Mosaische Zeit: Moses in der Mitte des Bildes umgeben von den Erzvätern, Königen, Helden und Propheten der Juden. 2. Unter Sokrates Tod, Zeit des klassischen griechischen Altertums: Homer in der Mitte umgeben von Dichtern, Geschichtsschreibern, Rednern, Philosophen und Künstlern Griechenlands. 3. Bild unter Curtius’ Selbstaufopferung, Zeit des klassischen römischen Altertums: Mittelpunkt Cäsar umgeben von Rechtsgelehrten, Geschichtsschreibern, Rednern, Philosophen, Dichtern u. s. w. 4. Bild unter Luther auf dem Reichstag zu Worms, Christus in Mitten seiner Jünger. 5. Die Zeit Karls des Großen. 6. Die Zeit der Kreuzzüge. 7. Die Zeit der Reformation. 8. Die Neuzeit. Über dem Haupteingang das Bild die Schule als allegorische Gestalt, die Jünglinge lehrend. An diesen Bildern habe ich sechs Jahre gearbeitet. Nach Ausführung derselben nahm ich das vorher angefangene Bild „Der verratene und verleugnete Heiland“ wieder auf; ich fand mich nach so langer Zeit nicht recht wieder in dasselbe hinein, malte es aber doch fertig und verkaufte es, ohne es auszustellen. Ferner malte ich während dieser Zeit ein kleines Altarbild „Das Abendmahl“ für die Zuchthauskirehe zu Waldheim und ein größeres „Die Himmelfahrt“ für die Anstaltskirche zu Hohenstein. Auch führte ich einen früher ausgedachten Cyklus von sieben Darstellungen aus dem Leben Ottos des Großen in halblebensgroßen Gestalten als Kartons aus. Diese sind photographisch von Hermann Krone herausgegeben. In diese und spätere Zeit fallen auch die Ausführungen einiger Aquarellbilder und größerer Zeichnungen: „Christus am Teiche Bethesda, den Lahmen heilend“, in Privatbesitz, „Kreuzigung Christi“ Aquarelle, von einem Kunsthändler erworben, „Geschichte der physischen Weltanschauung in acht Abteilungen“, wie sie von Humboldt im Kosmos beschrieben worden sind, Aquarellbilder, erworben von einer englischen Dame, „Homer, dem Volke singend“, und „Kolumbus, Amerika vom Schiff aus erblickend“, beides Aquarellen, von
Wilhelm Loose: Lebensläufe Meißner Künstler. C. E. Klinkicht & Sohn, Meißen 1888, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lebensl%C3%A4ufe_Meissner_K%C3%BCnstler.pdf/31&oldid=- (Version vom 25.1.2025)