der Ideale, ist im Kriege zeitweise dahingefallen. Was den Krieg den ihn Miterlebenden als eine große Zeit empfinden läßt, das ist, daß im Kriege jeder Staatskörper zu einem Ganzen geworden ist, in dem nur ein Wille lebt, ein einziger Gedanke, ein Oberster indiskutabler Wert ist heute für jeden der kriegführenden Staaten gegeben, ein Ziel, dem sich jedes andere Wollen unterordnet: der Sieg, und jede Erscheinung des nationalen Lebens kann nun nicht allein festgestellt und auf ihre Ursachen hin betrachtet, sie kann mit Anspruch auf objektive Gültigkeit beurteilt werden: nach ihrer größern oder geringern Eignung, dieses höchste Willensziel der Nation zu fördern. Gut ist heute diejenige Wirtschaftverfassung, und damit diejenige Richtung der Wirtschaftspolitik, und gut ist heute dasjenige Verhältnis von Gesellschaft und Staat, und damit diejenige politische Konzeption des Staates, die sich als meistgeeignet erwiesen haben, den Anforderungen des Krieges zu genügen.
Vielleicht ist es nicht Hybris, diese Einheit des nationalen Wollens, die uns der Krieg gezeigt hat, auch als Friedensmöglichkeit zu denken; vielleicht ist es zulässig, in einer bessern Zukunft an Völker zu glauben, die so durch und durch zu Staaten geworden sind, daß ihre Willensrichtung auch im Frieden so einheitlich und eindeutig wäre, wie es heute in allen kriegführenden Staaten der Wille zum Sieg ist. Als Konsequenzen solcher nationalen Willensdominanten würden sich undiskutierbare ethische, politische,
Julius Landmann: Die Kriegsfinanzen der Großmächte. Buchdruckerei zum Basler Berichtshaus, Basel 1915, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:LandmannKriegsfinanzen.pdf/39&oldid=- (Version vom 1.8.2018)