holländischen Wirtschaftsblüte entsprochen hätte, die Wirtschaft hat dem Staate die Mittel vorenthalten, und diese Gestaltung der Dinge, damals in Holland, heute in Oesterreich-Ungarn, dürfte die gleiche Ursache haben: hinter der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft, hinter dem Reichtum der Gesellschaft ist zurückgeblieben das lebendige Gefühl ihrer Solidarität mit dem Staate, das im Frieden zur Steuerwilligkeit, im Kriege zur Bereitwilligkeit führt, die Kapitalreserven der Wirtschaft in der Form von Kriegsanleihen an den Staat dahinzugeben. Diese Bereitwilligkeit ist in Oesterreich gewiß in höherem Maße als in Rußland gegeben, lange nicht in dem Maße wie im Deutschen Reiche; die Finanzierung des Kriegsbedarfes konnte wohl nur zu einem kleinern Teile durch eigentliche Kriegsanleihen erfolgen, zu einem größern Teile erfolgt sie in Oesterreich-Ungarn mit denselben Mitteln, deren auch Frankreich sich bedienen muß: Kredite bei der Notenbank und Schatzscheine.
Nicht ganz so auf der Oberfläche wie für Rußland und Oesterreich-Ungarn liegt die Ausdeutung der kriegsfinianziellen Lage Italiens. Sagte ich eben, Rußlands produktive Kräfte seien kaum erschlossen, geschweige entfaltet, so gilt dies auch für Italien. Unter einer dünnen Oberschicht entwickelter Produktionsformen beharrt das Land in einer fast noch naturalwirtschaftlichen Verfassung. Dies gilt ungeachtet der Ueberfülle statistischer Daten über die rasche Vermehrung der Zahl der Fabriken, motorischen Pferdekräfte, Fabrikarbeiter, mit welchen
Julius Landmann: Die Kriegsfinanzen der Großmächte. Buchdruckerei zum Basler Berichtshaus, Basel 1915, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:LandmannKriegsfinanzen.pdf/33&oldid=- (Version vom 1.8.2018)