Bey dem öffentlichen GOttes-Dienst haben die Brüder-Gemeinen eine von den andern Kirchen-Verfassungen zwar besondere, aber von denselben und unter sich selbst nicht viel mehr unterschiedene Liturgie, als man nicht nur in der Catholischen Religion verschiedene Ritualien, sondern auch in jeder der Evangelischen Religionen viele differente Agenden hat.
Ihre Ceremonien und Gebräuche sind zum Theil einerley mit der alten Brüder-Kirche ihren; oder denselben doch in nichts entgegen; als wo es bey jener, aus Furcht; es möchte dem Catholischen GOttes-Dienst noch zu ähnlich sehen, gar zu raffinirt und unliturgisch zugegangen seyn mag. Dasselbe haben die jetzigen Brüder geändert, nach einem Grundsatz ihrer Agende: Daß man zu ewigen Zeiten ändern und bessern soll, was einer Verbesserung bedarf. Das kan ein jeder Ordinarius in seiner Gemeine vor eine Zeit; ins Ganze aber und vor die Dauer, nur der Synodus. Und obgleich nicht sonderlich auf eine Gleichförmigkeit aller Ceremonien gedrungen werden kan, indem jeglicher Gemein-Ort sich in die Umstände des Landes schickt: So richtet sich doch eine jede Gemeine von selbst gern, so viel möglich nach der andern.
Die zum öffentlichen Gottes-Dienst bestellte Lehrer halten denselben, wie in andern Evangelischen Kirchen, nur überaus simpel, in einer Kirche, Capelle, Bet-Hause, oder Saal, des Sonntags Vor- und Nachmittags, und an den übrigen Tagen, nach Unterscheid der Orte und der Gemein-Glieder Haus- und Umständen, entweder nur einmal auf den Abend, oder etliche mal am Tage: Im Jünger-Hause aber gemeiniglich fünfmal, als: Früh Morgen-Segen; Mittags eine Rede; Winters in der Dunkeley, wenn man Licht anzündet, die tägliche Liturgie; Abends um 8. Uhr Sing-Stunde, und zuletzt zwischen 10. und 11. Uhr Abend-Segen.
David Cranz: Kurze Nachricht von der Kirche Unitas Fratrum. s.n., s.l. 1762, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kurze_Nachricht_von_der_Kirche_Unitas_Fratrum.djvu/35&oldid=- (Version vom 1.8.2018)