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Seite:Kunst, Religion und Kultur.pdf/19

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neuere Philosophie und Kunst in ihren höchsten Äußerungen haben ja selbst die ewige Wahrheit der Erlösungsthat Christi und seiner Liebeslehre erwiesen, und so wird und muß das neue Christentum, vertieft und vereinfacht, alle Gegensätze ausgleichend und alle Kluft der Stände und der Bildung überspannend, dem seelischen Bedürfnis des Gebildeten wie des Ungebildeten in gleichem Maße gerecht werden, soll es sich selbst und seiner erhabensten Bedeutung entsprechen.

Aber auch hier heißt es: wir müssen uns eines solchen neuen Evangeliums würdig erweisen, wir müssen in uns selbst die Kraft des Gefühles wecken, denn nur aus der Kraft germanischer Innerlichkeit kann es hervorgehen. Gehen wir ihrer mehr und mehr verlustig, so ist die Hoffnung auf das Wiedererstehen einer rettenden lebendigen religiösen Gemeinschaft ein leerer Wahn. Und auf sie kommt es an, denn alle Erkenntnis der Wissenschaft, wie sie fortschreitend Geschichte und Natur erhellt, alle philosophische Weisheit vermag uns nicht mehr zu befriedigen.

Auch hier auf dem Wege zur Religion darf die Kunst unsere Führerin sein. In der Gemeinschaft, die sie schafft, in der Selbstentäußerung, die sie uns lehrt, findet die Liebe und der Glaube ihre Nahrung — durch das Schauen des Göttlichen wird der Glaube an die Gottheit entbunden. Die Kunst übt unsere Seele in dem Verkehr mit dem Wunder und dem Geheimnis, welches diese ganze Welt und unser eigenes Leben ist.

Ein Drittes aber noch giebt es zu bedenken, wenden

Empfohlene Zitierweise:
Henry Thode: Kunst, Religion und Kultur. Carl Winter’s Uinversitätsbuchhandlung, Heidelberg 1901, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunst,_Religion_und_Kultur.pdf/19&oldid=- (Version vom 1.8.2018)