Walther Kabel: Kugelblitze (Bibliothek für Alle. Illustrierte Monatsbände für Jung und Alt. 4. Jahrgang, Band 8) | |
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– Am 1. März 1774 entlud sich ein furchtbares Gewitter über Wakefield. Als es endlich ausgetobt hatte, wurde der Himmel wieder klar, und nur zwei kleine Wolken blieben zurück, eine über der anderen gelagert. Nach einiger Zeit konnte man wahrnehmen, wie aus der oberen eine Menge Feuerkugeln auf die untere hinabregnete, wo sie spurlos verschwanden. Der Physiker Howard, bekannt als der Entdecker des nach ihm benannten[1] Howardschen Pulvers, des Knallquecksilbers, erzählt in seinem meteorologischen Werk über das Klima Londons, daß im April 1814 eine gewaltige Feuerkugel aus einer Gewitterwolke in einem Heuschober bei Cheltenham fuhr und diesen in alle Winde zerstreute, ohne die leicht brennbaren Stoffe jedoch zu entzünden.
Auch in neuerer Zeit sind Kugelblitze öfters gesehen und auch mehrmals auf der photographischen Platte festgehalten worden. Erwähnt sei hier nur noch ein Phänomen dieser Art, das einen ganz außergewöhnlichen Unglücksfall zur Folge hatte. In den Westbatterien des Kriegshafens von Brest exerzierte im Sommer 1902 während eines Gewitters eine Abteilung Fußartillerie an den gewaltigen Geschützen. Eben war eines der zuckerhutähnlichen Geschosse und dahinter die Pulverladung in die Ladeöffnung des rechten Flügelgeschützes geschoben worden, und der bedienende Kanonier hatte noch nicht Zeit gefunden, den Verschluß völlig zuzukurbeln, als ein Kugelblitz herabsauste, an dem Geschützrohr entlang lief und die Ladung vorzeitig zur Explosion brachte, wodurch der Verschlag abgerissen und mehrere hundert Meter nach rückwärts geschleudert wurde. Der Luftdruck, den die explodierende Pulverladung erzeugte, war derart stark, daß zwei Kanoniere getötet und drei andere schwer verletzt wurden. Daß Geschoß selbst war, da die Hauptkraft der Pulvergase nach rückwärts wirkte, in der Mitte des Geschützlaufs stecken geblieben.
- ↑ Vorlage: bekannten
Walther Kabel: Kugelblitze (Bibliothek für Alle. Illustrierte Monatsbände für Jung und Alt. 4. Jahrgang, Band 8). Verlag der Bibliothek für Alle, Dresden 1912, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kugelblitze.pdf/5&oldid=- (Version vom 1.8.2018)