Wilhelm Emanuel von Ketteler: Leichenrede, gesprochen am Grabe der am 18. September gewaltsam Ermordeten und der im Kampfe gegen die Aufständischen Gefallenen | |
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welche die Todesstunde mit sich führt. Es ist mein täglicher Beruf den Menschen auf ihrem letzten ernsten Lebenswege zur Seite zu stehen, in der Todesstunde ihnen mit dem Troste der Religion zu Hülfe zu eilen, nach dem Tode ihnen die Augen zuzudrücken. Ich erschrecke nicht vor der erstarrten Leiche mit dem gebrochenen Auge und der eisigen Kälte. Als ich aber die Leiche dieses Mannes aufsuchte, um mich an ihrer Seite niederzuknieen und für die abgeschiedene Seele mein Gebet zu verrichten, da durchbebte ein kalter Schauer meine Glieder und meine Seele. Er schien mir nicht von Menschenhand ermordet, sondern von den Zähnen und Klauen wilder Thiere zerrissen zu seyn. Auf dieser Leiche ruhte nicht jener Ausdruck eines sanften ruhigen Schlafes, den wir so gerne bei dem Verstorbenen antreffen, der die zurückgeblieben Freunde mit Trost und Frieden erfüllt; auf seiner Brust klaffte nicht eine offene, eine edele Wunde wie sie die Brust des Kriegers ziert, der im Kampfe mit einem edelen Feinde sein Leben dahingegeben: nicht so fand ich die Leiche dieses Mannes, nicht so war sein Tod gewesen. Ohne Waffen, mit der an ihm bekannten Furchtlosigkeit und mit dem festesten Vertrauen zum Volke hatte er sich an jenem verhängnißvollen Tage in Begleitung seines älteren Freundes,[1] der da neben ihm liegt, zu Pferde vor das Thor hinausgewagt, und da hat man sie, die Wehr- und Waffenlosen, in großer Zahl meuchlings überfallen, man hat sie gehetzt, verfolgt, aus ihrem Verstecke herausgerissen, den Einen noch am Hause zerschlagen und erschossen, den Anderen unter
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ gemeint ist der 22 Jahre ältere Hans von Auerwald
Wilhelm Emanuel von Ketteler: Leichenrede, gesprochen am Grabe der am 18. September gewaltsam Ermordeten und der im Kampfe gegen die Aufständischen Gefallenen. , Frankfurt am Main 1848, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ketteler_Leichenrede_1848.pdf/4&oldid=- (Version vom 1.8.2018)