Ruhm eine Professorstelle der Akademie dort zu begleiten, und hoffentlich wird bei Besetzung der jetzt durch Herrn Schenaus Tod vacanten, das Directorium, oder wer sonst ernennt, um der guten Sache willen vorzüglich auf ihn Rücksicht nehmen. Hr. Hartmann beendigte eben ein großes verdienstvolles Gemälde: die drei Marien am Grabe Jesu; Figuren in Lebensgröße. In einer Höhle links erblickt man das geöffnete Grab. Darauf ruht ein Engel in Lichtgestalt, von einem weiten Gewande umwallt, in der einen Hand die Palme des Friedens haltend, mit der andern aufwärts deutend: er ist auferstanden. Vor dem Grabe knieet Maria, eine blonde, sanfte, edle Gestalt, in lavende blauem Gewand, von einem goldfarbenen Tuche umgeben. Dahinter die beiden übrigen Weiber mit Salben und Spezereien, blau, roth und grün gekleidet. Diese prismatischen Farbenübergänge sind höchst reizend, und bringen großen Effect im Colorit hervor. Nach meinem Gefühl (was keine Kritik seyn soll) würde sich für diese höchst interessante Zusammenstellung des ganzen Farbenzaubers mehr eine heroische oder andere stark sich hervorhebende Scene geeignet haben, als dieser auf eine wehmüthige Stimmung der Seele vorzüglich wirkende Gegenstand, der das Auge weniger bestechen, als das Gemüth ergreifen und rühren soll, und wo gedämpftere Farben bei der Correktheit und Schönheit der Hartmannischen Formen dem Ganzen nicht zum Nachtheil gereicht haben würden. Das ganze Gemälde[1] ist für jeden Kunstfreund um so erfreulicher, da der jetzige Zeitgeist oder vielmehr Würgengel nicht bloß Menschen, sondern auch die Kunst tödtet, und der ausgezeichnete Künstler aus
- ↑ Ein anderes verdienstvolles Gemälde, denselben Gegenstand, wie Hr. Hartmann behandelnd, vom Hrn. Rösler, hat ein Kunstfreund in der Beurtheilung der Dresdner Ausstellung in diesem Journalstück bereits unpartheiisch erwähnt, deswegen ich die darüber angeführte Stelle wegstreiche. – Herrn Matthäi des jüngern Ermordung des Egisthus, muß ich gestehen, hat mich nicht so gefesselt, wie jenen Kunstfreund. Ich möchte das Bild der Nebensachen wegen schön finden. Allein die Hauptgruppe, wo mit Tiegerwuth Orest und Pylades den Egisthus nicht zu ermorden, sondern zu erwürgen und zu zerfleischen scheinen, wo die krampfhaften Verzuckungen der Hauptgruppe an die Karikatur gränzen, kann ich unmöglich schön finden.
Spätere Anmerkung.
Carl Bertuch: Kunst-Erinnerungen aus Dresden. Landes-Industrie-Comptoir, Weimar 1807, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Journal_des_Luxus_und_der_Moden_1807_Seite_264-270.djvu/5&oldid=- (Version vom 15.9.2024)