Der erste Entwurf ist in die Geschichte Belisaire’s gelegt. Der unglückliche blinde Feldherr irrt mit seinem kleinen Führer umher. Nahe am Meere hat sie ein Ungewitter überrascht, und in einer Höhle Schutz suchend, erblicken wir sie darin. Die stürmische See im Hintergrunde verkündet die Gefahr. Ungebeugt auch hier, streckt der große Mann mit unveränderter Ruhe seine Hand über den kleinen Führer zur Beruhigung aus, welcher sich mit kindischer Furcht zusammen beugt. Eine einfach große Composition, die des Contrastes wegen viel Wirkung thun kann. Die zweite Composition: David spielt vor Saul. Der junge schöne Jüngling rauscht in den Saiten, und regt das tiefbrütende Gemüth Sauls so auf, daß dieser aufmerksam sich etwas aufrichtet, den Tönen zuzuhören. Die reine sorgenlose Unschuld, die K. in die Gesichtszüge Davids legte, gegen die von Gewissensbissen schwermüthige Miene Sauls gehalten, machten einen bleibenden Eindruck auf mich.
Herr v. Kügelchen’s großes Talent als Portraitmaler ist allgemein anerkannt. Ich sah von ihm vor kurzem die eben so wahr als geistreichen Portraits von vier geistreichen Männern. Professor Fernow, Seume, A. Müller (durch seine ästhetischen Vorlesungen in Dresden bekannt) und Oehlenschläger (ein talentvoller junger Dänischer Dichter, jetzt in Paris) vier Köpfe, jeder durch eine höchst bestimmte Individualität interessant, und durch Ks. Pinsel treu wiedergegeben.
Ungern durch meinen kurzen Aufenthalt gepreßt, verließ ich Hrn. v. K. Attelier und suchte Hrn. Hartmann aus Stuttgard auf, der seit mehrern Jahren schon in Dresden lebt. Seine theoretischen Kenntnisse, seine practischen Verdienste in der Kunst eignen ihn ganz, mit
Carl Bertuch: Kunst-Erinnerungen aus Dresden. Landes-Industrie-Comptoir, Weimar 1807, Seite 266. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Journal_des_Luxus_und_der_Moden_1807_Seite_264-270.djvu/4&oldid=- (Version vom 15.9.2024)