die Weisung, ihre Truppen einmal gründlich ausrasten zu lassen, um sie dann desto kräftiger in den Kampf werfen zu können, während unterdessen eine Anzahl auserlesener Cohortensoldaten durch die Trümmer einen Zugang schaffen und das Feuer dämpfen musste.
244 (4.) An jenem Tage hielt begreiflicherweise Ermüdung und Bestürzung die Kampflust der Juden nieder. Am folgenden dagegen sammelten sie wieder ihre ganze Streitmacht und stürzten sich mit frischem Muth um die zweite Stunde durch das Ostthor auf die im äußeren Vorhof stehenden Wachposten der Römer. 245 Hier fanden aber die Angreifer einen ebenso kräftigen Empfang, indem die Römer schnell mit ihren Schilden vor sich ein Schutzdach und unter sich eine mauerdichte Schlachtreihe bildeten. Auf die Länge freilich, das war sofort klar, hätten die Angegriffenen sich nicht behaupten können, da der ausfallende Schwarm zu zahlreich und sein Angriff allzu ungestüm war. 246 Doch ließ es Titus, der von der Antonia herab dem Gefechte zusah, nicht zu dieser Wendung kommen, indem er mit seinen auserlesenen Reitern ihnen wieder Luft machte. 247 Dem Ansturm der Reiter konnten die Juden nicht Stand halten, und die meisten wandten sich, nachdem die ersten Reihen niedergehauen waren, wieder dem Tempel zu. 248 Kaum aber wollten sich die Römer zurückziehen, machten die Juden Kehrt und setzten ihnen nach. Wie die Römer sich umwandten, gaben auch die Juden wieder Fersengeld, bis sie endlich um die fünfte Tagesstunde mit aller Gewalt ins innere Heiligthum zurückgedrängt und dort eingeschlossen wurden.
249 (5.) Titus begab sich jetzt wieder auf die Antonia zurück mit dem Entschlusse, am frühesten Morgen des nächsten Tages seine ganze Macht in das innere Heiligthum zu werfen und so das ganze Tempelhaus ringsum einzuschließen. 250 Gott aber hatte schon längst den Tempel zum Feuer verurtheilt, und soeben war der verhängnisvolle Kreis der Zeiten mit dem zehnten des Monates Lous abgelaufen, an welchem Tage auch der frühere Tempel von dem Babylonischen König war in Brand gesteckt worden. 251 Wie die Juden die eigentliche Schuld waren, so sollten sie auch die äußere Veranlassung des Brandes werden. Kaum hatten sich nämlich die Rebellen nach dem Abzug des Titus ein wenig verschnauft, als sie schon wieder auf die Römer losstürzten: es waren diesmal die jüdischen Wachposten am Tempelhaus, welche den am inneren Heiligthum mit Löscharbeiten beschäftigten Römern ein Gefecht lieferten; die Römer aber jagten die Juden zurück und gelangten bei der Verfolgung bis zum eigentlichen Tempelhaus. 252 Hier geschah es nun, dass ein Soldat, ohne einen höheren Befehl abzuwarten oder im geringsten vor seiner verhängnisvollen That zurückzuschrecken, wie von
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 468. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/468&oldid=- (Version vom 1.8.2018)