Flechtwerk ausgespannt, unter welchen dann ein Theil der Soldaten die Aufschüttung des Walles begann. Sie erlitten dabei durch die von der Mauer geschleuderten Geschosse gar keine oder nur ganz unbedeutende Verletzungen. 164 Eine andere Abtheilung grub die benachbarten Hügel ab und führte ihnen unausgesetzt Erdreich zu. Da die Arbeit auf drei Partien vertheilt war, so blieb Niemand unbeschäftigt. 165 Die Juden schleuderten unterdessen gewaltige Felsbrocken und alle möglichen Projectile von der Mauer auf die Schutzdecken der Römer herab, die, wenn sie auch nicht durchzudringen vermochten, wenigstens durch ihr wiederholtes entsetzliches Gepolter den Arbeitern hinderlich waren.
166 (9.) Jetzt ließ Vespasian ringsum seine Geschütze, alles in allem an 160 Stück, vor der Stadt auffahren und gegen die Kämpfer auf der Mauer entladen. 167 Mit einemmal schnellten die Katapulten ihre Lanzen in die Höhe, und sausten zentnerschwere Steine von den Ballisten, Feuerbrände und eine so dichte Wolke von Pfeilen durch die Luft, dass dadurch nicht bloß die Mauer, sondern sogar jedes freie Plätzchen im Innern der Stadt, soweit sie überhaupt reichten, den Juden unnahbar gemacht wurde. 168 Denn mit den großen Geschützen vereinigte sich auch das Kleingewehr aus dem Schwarm der arabischen Bogenschützen, von den Wurfspießwerfern und Schleuderern. 169 Waren nun auch die Juden an der Vertheidigung der Mauerzinnen gehindert, so blieben sie darum nicht müßig. Sie unternahmen jetzt zu kleinen Banden Ausfälle, die eher räuberischen Ueberfällen glichen, zogen den Dammarbeitern die Schirmvorrichtungen über ihren Köpfen weg und hieben auf die nunmehr ungedeckten Römer los, warfen dort, wo dieselben zurückwichen, die aufgeschüttete Erde wieder auseinander und zündeten das Holzgerüste sammt den Schutzdecken an, 170 bis endlich Vespasian in der richtigen Erkenntnis, dass die Zersplitterung der einzelnen Dammarbeiten die eigentliche Ursache des Schadens wäre, indem die Juden in dem allzugroßen Abstand der Werke voneinander den besten Spielraum für ihre Ueberfälle hatten, nunmehr die Schutzvorrichtungen näher zusammenzog. Da mit dieser Maßregel ganz natürlich auch eine Concentrierung der Streitkräfte verbunden war, so war es jetzt mit dem Heranschleichen der Juden vorbei.
171 (10.) Nun konnte der Damm in die Höhe streben und musste bald den Brustwehren nahekommen. Josephus glaubte das Aergste fürchten zu müssen, wenn er nicht auch seinerseits besondere Schutzmaßregeln für die Stadt vorkehren würde. Er versammelte darum die Werkleute und gab ihnen den Befehl, die Mauer höher zu bauen. 172 Diese erklärten es aber für rein unmöglich, den Bau bei einem solchen Hagel von Geschossen auszuführen, weshalb Josephus folgende Schutz-
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/255&oldid=- (Version vom 1.8.2018)