Ingrimm gelenkt, auf der anderen Seite. 154 So stritten die Juden den ganzen Tag, bis endlich die Nacht dem Kampf ein Ende machte, in welchem sie eine sehr große Anzahl Römer verwundet und ihnen dreizehn Mann getödtet hatten. Von ihnen selbst waren siebzehn geblieben und 600 verletzt worden.
155 (6.) Am folgenden Tage machten die Juden neuerdings auf die stürmenden Römer einen Ausfall, bei dem sie mit noch viel größerem Nachdruck stritten, da sie der von ihnen selbst nicht gehoffte glückliche Widerstand am vorausgehenden Tage beherzter gemacht hatte. Doch fanden auch sie diesmal an den Römern noch ungestümere Gegner, 156 weil die letzteren schon das für eine Niederlage ansehen, wenn der Sieg nicht schnell genug errungen wird, und deshalb aus Scham darüber in den glühendsten Zorn geriethen. 157 So erneuerten sich die Stürme der Römer ununterbrochen bis zum fünften Tage, immer heftiger wurden die Ausfälle der Jotapatener, und tobte der Kampf um die Mauer. Es scheuten weder die Juden die Macht der Feinde, noch erlahmten die Römer angesichts einer so hartnäckigen Vertheidigung der Veste.
158 (7.) Jotapata ist, eine einzige Stelle ausgenommen, ganz abschüssig gelegen und beinahe auf allen Seiten ringsum von so unermesslichen Schluchten abgesperrt, dass der Beschauer seinen Blick nicht in die Tiefe schweifen lassen kann, ohne von Schwindel erfasst zu werden. Nur von Norden her ist die Stadt zugänglich, nämlich an der Stelle, wo sie am Ende des Bergabhanges hingebaut liegt. 159 Gerade diese Seite hatte aber Josephus bei der Befestigung der Stadt mit einer Mauer ringsum eingefasst, so dass der Gipfel über der Stadt den Feinden unerreichbar blieb. 160 In der Runde war die Festung noch von anderen Bergen eng umschlossen, und sah man demzufolge von ihr gar nichts, bis man nicht vor ihr stand. So sah die Befestigung von Jotapata aus.
161 (8.) Vespasian wollte ebensosehr dieser natürlichen Festigkeit des Platzes, sowie seinen kühnen Vertheidigern trotzen und beschloss, mit aller Macht die Belagerung fortzusetzen. In dieser Absicht ließ er die ihm unterstehenden Anführer zu sich bescheiden, um sich mit ihnen über die weitere Bestürmung zu berathen. 162 Man hielt es für das beste, an dem einzigen Zugang, der zur Mauer führte, Dämme aufschütten zu lassen, weshalb Vespasian zunächst das ganze Heer zur Herbeischaffung des Materiales ausschickte. Nachdem man die Berge rings um die Stadt abgestockt und zu dem Holze noch eine ungeheure Masse von Feldsteinen zusammengebracht hatte, 163 wurden zum Schutze gegen die von oben herabfliegenden Geschosse auf Pallisaden Decken aus
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/254&oldid=- (Version vom 1.8.2018)