gebrannt und gebrochen, und alle Marterwerkzeuge der Reihe nach an ihnen versucht worden sind, um sie entweder zu einer Schmähung des Gesetzgebers oder zum Genuss einer regelwidrigen Speise zu zwingen, ohne dass sie sich jedoch zu einem von beiden verstehen wollten, ja sogar, ohne dass sie den Peinigern vorjammerten oder eine Thräne vergossen: 153 im Gegentheil, sie lächelten noch bei ihren Qualen und spotteten nur über jene, die ihnen die Folterwerkzeuge ansetzten, und gaben so mit freudigem Muthe ihre Leben hin, in der sicheren Hoffnung, es wieder zu erhalten.
154 (11.) Es besteht nämlich bei ihnen die unerschütterliche Ueberzeugung, dass zwar ihr Leib dem Zerfalle ausgesetzt, und der körperliche Stoff etwas vergängliches sei, dass aber die Seele, weil unsterblich, immer fortbestehe, da sie eigentlich aus dem feinsten Aether hervorgegangen und nur infolge eines elementaren Zaubers zum Körper herabgezogen und von ihm jetzt, wie von einem Kerker, umschlossen sei. 155 Würde sie nun einmal wieder aus den Fesseln des Fleisches losgelassen, so schwebe sie alsdann jubelnd, wie einer langen Knechtschaft entronnen, in die Höhe empor. Die Essener behaupten ganz ähnlich, wie man das sonst von Angehörigen der griechischen Nation hört, dass den guten Seelen drüber dem Ocean ihr Aufenthalt bereitet sei und zwar ein Ort, der weder von Regenschauern noch Schneegestöber noch auch vom Sonnenbrande zu leiden habe, sondern dem vom Ocean her ein milder Zephyr beständige Kühlung zufächle, während für die nichtswürdigen Seelen nach ihrem Glauben ein abgelegener, finsterer, sturmdurchbrauster Winkel bestimmt ist, ein Ort voll unausgesetzter Peinen. 156 Dieselbe Vorstellung scheinen mir auch die Hellenen auszudrücken, wenn sie ihren großen Männern, die sie Heroen und Halbgötter nennen, die Inseln der Seligen zum Wohnort geben, den Seelen der Bösen dagegen jenen Theil des Hades, der eigens für die Gottlosen bestimmt ist, und woselbst auch die griechische Sage gewisse Persönlichkeiten, wie den Sisyphus und Tantalus, einen Ixion und Tityus gepeinigt werden lässt: eine Vorstellung, welcher fürs erste der Glaube an die Unsterblichkeit der Seelen zugrunde liegt, wie auch zweitens das Bestreben, zur Tugend anzuspornen und vom Laster abzuhalten, 157 da die Guten während ihres irdischen Lebens gewiss noch eifriger werden, wenn sie auch nach ihrem Tode noch eine Aussicht auf Verherrlichung haben, indes die wilden Triebe der Bösen nothwendig eine Schranke in der Besorgnis finden müssen, dass, wenn sie auch in diesem Leben der Gerechtigkeit entgehen würden, sie doch nach ihrem Abscheiden eine Qual, die kein Tod mehr endet, zu erdulden haben werden. 158 Das also lehrt
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/164&oldid=- (Version vom 1.8.2018)