und mein Mann schilt, wenn ich jammere und stöhne. Willst du nicht heute nacht bei meinem Manne schlafen?“
Der Nachbarin Mann war gerade über Land gegangen, darum antwortete sie:
„Gewiß, Gevatterin, ich werde es thun, wenn’s mir auch schwer ankommt. Aber sie soll das Huhn, die Ente und die Gans nicht zu ihrem Schaden mit mir geteilt haben.“
Damit war die Sache abgemacht, und als es dunkel geworden war, legte sich die Nachbarin statt der Bäuerin zu dem Bauer ins Bett.
Kaum war sie warm geworden, so zog der Bauer mit der Rechten die Rute unter dem Bette hervor, mit der Linken schlug er die Kissen zurück und drückte sie der Frau auf das Gesicht, daß sie nicht schreien konnte; und dann hieb er auf sie ein, der Kreuz und der Quer, bis ihm der Arm müde wurde und er nicht länger schlagen konnte.
Sobald die Nachbarin frei war, sprang sie, wie der Wind, aus dem Bette heraus und lief, als ob die Hunde hinter ihr her wären, über die Diele und durch den Garten in ihre Kammer. Dort bestrich sie sich am ganzen Leibe mit Wundsalbe und Balsam und kühlte und pflasterte vier Wochen lang, bis alles wieder heil geworden war.
Die Bäuerin aber war indessen geschwind an ihrer Stelle in das warme Bett gekrochen und wartete ab, bis am andern Morgen der Bauer erwachte.
„Vater,“ sagte sie darauf zu ihm, „was ist eigentlich mit dir? Die ganze Nacht liegst du steif und still da, wie ein Besenstiel, das war doch früher nicht so!“
Ulrich Jahn: Schwänke und Schnurren aus Bauern Mund. Mayer & Müller, Berlin 1890, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahn_Schwaenke_und_Schnurren_aus_Bauernmund.djvu/8&oldid=- (Version vom 1.8.2018)