Gevatterin verzehrte. Ihrem Manne aber setzte sie wiederum Kartoffeln und Speck vor; und als er zornig wurde und schalt und nach der Ente fragte, sprach sie, wie gestern:
„Du hast es geträumt. Ich sehe es wohl, du hast den Dünk.“
Sprach der Bauer: „Wenn ich den Dünk habe, so ist es gut,“ und dann war er stille; denn er traute seiner Frau nicht zu, daß sie so schlecht gegen ihn sei. Zur Nachtzeit aber wiederholte er seine Rede zum dritten Male und bat um eine gebratene Gans, und die Frau versprach ihm, daß er den Braten bekommen solle.
Diesmal wollte sie ihn auch wirklich nicht hintergehen. Aber wie es so zu geschehen pflegt, die Nachbarin roch wieder den saftigen Braten, und als der Bauer heimkehrte, hatte er Speck und Kartoffeln in der Schüssel, von der Gans aber war kein Knöchelchen mehr zu sehen.
„Mutter, wo ist die Gans?“ fragte er.
„Ach, papperlapapp,“ zankte sie, „du hast wohl wieder den Dünk!“
Das ging dem Bauer denn doch über den Spaß; und nach dem Mittagsessen wankte er in den Garten zum Backofen und schnitt dort Wachholder und Nesselbusch ab und band es mit der Peitschenschnur zusammen, daß es eine handliche Rute wurde. Dann schlich er sich leise in das Haus zurück und legte die Rute unter die Bettstelle. Die Frau hatte es aber doch bemerkt durch das Küchenfenster, und – hast du nicht gesehen – lief sie zu ihrer Nachbarin und sagte:
„Nawersch, mir ist heute gar nicht so recht zu Mute,
Ulrich Jahn: Schwänke und Schnurren aus Bauern Mund. Mayer & Müller, Berlin 1890, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahn_Schwaenke_und_Schnurren_aus_Bauernmund.djvu/7&oldid=- (Version vom 1.8.2018)