Was geschah? so riefs, so riefen
Hundert bald – was gab es? Blut? –
Nichts geschah! Wir schliefen, schliefen
Alle – ach, so gut! so gut!
«Pia, caritatevole, amorosissima».
(Auf dem campo santo.)
O Mädchen, das dem Lamme
Das zarte Fellchen kraut,
Dem Beides, Licht und Flamme,
Aus beiden Augen schaut,
Du Liebling weit und nah,
So fromm, so mild von Herzen,
Amorosissima!
Was riss so früh die Kette?
Und liebtest du, wer hätte
Dich nicht genug geliebt? –
Du schweigst – doch sind die Thränen
Den milden Augen nah: –
Amorosissima?
Vogel Albatross.
O Wunder! Fliegt er noch?
Er steigt empor und seine Flügel ruhn!
Was hebt und trägt ihn doch?
Was ist ihm Ziel und Zug und Zügel nun?
Der Himmel selbst den siegreich Fliegenden:
Nun ruht er still und schwebt,
Den Sieg vergessend und den Siegenden.
Friedrich Nietzsche: Idyllen aus Messina. E. Schmeitzner, Chemnitz 1882, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Idyllen_aus_Messina-Nietzsche-1882.djvu/6&oldid=- (Version vom 1.8.2018)