erforderte und bei den übrigen großen Kosten und dem niedrigen Eintrittspreiß wenig überblieb, für Alle die kostbaren Kleider zu beschaffen. Von einem der reichsten Kaufherrn wurde mir erzählt, daß er bis in sein höchstes Alter seine Rolle nicht abgegeben habe. Und als er nicht mehr zu Pferd steigen konnte, wie ihm als Kaiphas beim Kreuzwege zukam, ließ er sich noch in seinem Wagen bei der Prozession mitführen.
Jedermann machte sich eine Ehre daraus, bei der Vorstellung sich betheiligen zu dürfen. Wenn Keines aus der Gesellschaft unter dem Jahre starb, so waren es immer die Nämlichen, welche das Spiel aufführten. Wurde eine Rolle erledigt, so riß man sich darum. Aber den Reichen fiel es nicht bei, die Ehre des Spiels allein für sich in Beschlag zu nehmen. Auch die Armen betheiligten sich. Und diese erhielten vom Ueberschuß der Einnahme ein kleines Trinkgeld, oder einige Speise ins Haus für ihre Familie.
Wie man durch den Puzenmann die Kinder schreckt und durch Prämien sie zum Fleiß ermahnt, so wurde den braven Kindern versprochen, sie dürfen mitspielen, und den Unartigen wurde mit dem Ausschluß gedroht. Ich kann mich noch gut des Jubels in der Kinderwelt erinnern, als einmal in den dreißiger Jahren das Gerede ging, man werde die Passion wieder spielen. Wie man uns damals erfreute, so that man es früher mit den Kindern, die nun als alte Leute mit inniger
Franz Joseph Holzwarth: Passionsbilder. Franz Kirchheim, Mainz 1856, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Holzwarth_Passionsbilder.djvu/132&oldid=- (Version vom 1.8.2018)