sich ein junger Mann, den sie mit dem Namen: Dichter! beehrten, und der, der neuesten Schule mit ganzer Seele anhängend, in lauter Sonnetten, Canzonen u. s. w. lebte. Von besonderer Tiefe des Geistes war bei ihm nicht die Rede, seine Gedichte, in südlichen Formen geschrieben, hatten indessen einen gewissen Wohlklang und eine Lieblichkeit des Ausdrucks, wodurch Gemüth und Ohr des Kenners bestochen wurde. Er war, wie die Dichter insgemein sind, und wie man es beinahe von ihnen fodert, sehr verliebter Natur und verehrte von weitem mit Inbrunst und Andacht Cäzilien wie eine Heilige.[WS 1] Eben so wie der Dichter ließ es sich auch der Musiker, der übrigens viel älter war, angelegen seyn, ihr ganz im Geist der Chevalerie den Hof zu machen, und es entstand oft zwischen Beiden ein komischer Wettstreit, in dem sie sich in tausend kleinen Aufmerksamkeiten und Galanterien überboten. Cäzilia zeichnete Beide, die im hohen Grade ausgebildet, all’ die musikalischen, deklamatorischen und mimischen Spielereien der Dame nur um ihrentwillen duldeten und nur für sie in dem Zirkel lebten, merklich vor all’ den übrigen jungen Laffen und Gecken, die sie umschwärmten, aus, und belohnte ihre ganz absichtslose Galanterie mit einer heitern kindlichen Offenheit, die das Entzücken steigerte, womit sie das Mädchen im Gemüthe trugen. Ein freundliches Wort,
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ [In der ersten Fassung schließt – siehe Hirschberg 1922 Bd.13, S.205-206 – hier an:]
[205] An ihrem Geburtsfeste, das in die ersten Frühlingstage fiel, brachte er ihr einen zierlichen Rosenstock mit reichlichen Knospen, dem ein Sonnett beygelegt war, das vielen Beyfall erhielt, und das ich dir hersagen will, weil du mich vorhin der Würde wegen, womit ich Sonnette spreche, so gerühmt hast:
Sonnett an Cäzilia.
Der Frühling kommt aus blauen Wolkenwogen,
In duft’ger Ferne leuchtet sein Gefieder,
Den stillen Wald beleben frohe Lieder,
Der Heimath sind die Sänger zugeflogen.
Und Strahl auf Strahl entbrennt am Himmelsbogen,
Und was er küßt, es muß sich schnell gestalten,
Die Blüthe sich aus dunkler Knosp’ entfalten,
Ins Leben ist des Lebens Gluth gezogen.
Aus grüner Wiege will die Rose glänzen,
Ihr sanftes Roth sind holder Geister Töne,
Der Jugend Anmuth-Reitze, ihr Erglühen.
Du Mägdlein! bist das Bild des süßen Lenzen,
Der Rosenknospe gleich an Anmuth, Schöne,
Und was du wirst, das zeige ihr Erblühen.
Ich. Recht artig, und aus deinem Munde, lieber Berganza, recht angenehm zu hören, nur finde ich den Schluß matt, welches daher [206] kommen mag, daß er vielleicht mehr sagen wollte, als er vielleicht für gut fand zu sagen. Und Cäzilia?
E. T. A. Hoffmann: Fantasiestücke in Callot’s Manier. Kunz, Bamberg 1819, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hoffmann_Fantasiest%C3%BCcke_in_Callots_Manier_Bd.1_1819.pdf/233&oldid=- (Version vom 1.8.2018)