Südens mit Liebe und Sorgfalt übten, wieder in ihr wohlerworbenes Recht einsetzten. Die Form, das Metrum des Gedichts, ist die zufällige Farbe, die der Maler den Gewändern seiner Personen giebt, – es ist die Tonart, in der der Componist sein Stück schreibt. Werden Beide nicht Farbe und Tonart mit reifer Ueberlegung, mit aller nur ersinnlichen Sorgfalt wählen, wie es der Ernst, die Würde, die Anmuth, die Zärtlichkeit, die Leichtigkeit, die innere Behaglichkeit der vorzustellenden Person oder des Stücks erfordern? – Und wird nicht ein großer Theil der beabsichtigten Wirkung von der richtig getroffenen Wahl abhängen? – Ein keckgefärbtes Gewand erhebt oft die mittelmäßige Person, so wie die ungewöhnliche Tonart den gewöhnlichen Gedanken, und so kommt es denn oft, daß selbst Verse, denen ein tief eingreifender Sinn mangelt, und die nur auf der Oberfläche schwimmen, durch die Anmuth der Form, durch die zierliche Verschlingung der Reime, den Geist wie in angenehmer Dämmerung mit lieblichem Spiel umfangen, und so, ganz abgesehen davon, was der Verstand vergebens darin suchen dürfte, einen geheimnißvollen Zauber ausüben, dem kein reizbares Gemüth zu widerstehen vermag.
Ich. Aber der Mißbrauch, der nun von den Formkrämern gemacht wird –
Berganza. Dieser sogenannte Mißbrauch möchte
E. T. A. Hoffmann: Fantasiestücke in Callot’s Manier. Kunz, Bamberg 1819, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hoffmann_Fantasiest%C3%BCcke_in_Callots_Manier_Bd.1_1819.pdf/231&oldid=- (Version vom 1.8.2018)