sagte mein geistreicher Freund: „Sebastian Bachs Musik verhält sich zu der Musik der alten Italiäner eben so, wie der Münster in Straßburg zu der Peterskirche in Rom.“
Wie tief hat mich das wahre, lebendige Bild ergriffen! – Ich sehe in Bachs achtstimmigen Motetten den kühnen, wundervollen, romantischen Bau des Münsters mit all’ den fantastischen Verzierungen, die künstlich zum Ganzen verschlungen, stolz und prächtig in die Lüfte emporsteigen; so wie in Benevoli’s, in Perti’s frommen Gesängen die reinen grandiosen Verhältnisse der Peterskirche, die selbst den größten Massen die Commensurabilität geben und das Gemüth erheben, indem sie es mit heiligem Schauer erfüllen.
Nicht sowol im Traume, als im Zustande des
Delirirens, der dem Einschlafen vorhergeht, vorzüglich
wenn ich viel Musik gehört habe, finde ich eine Uebereinkunft
der Farben, Töne und Düfte. Es kömmt mir
vor, als wenn alle auf die gleiche geheimnißvolle Weise
durch den Lichtstrahl erzeugt würden, und dann sich zu
einem wundervollen Konzerte vereinigen müßten. –
Der Duft der dunkelrothen Nelken wirkt mit sonderbarer
E. T. A. Hoffmann: Fantasiestücke in Callot’s Manier. Kunz, Bamberg 1819, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hoffmann_Fantasiest%C3%BCcke_in_Callots_Manier_Bd.1_1819.pdf/107&oldid=- (Version vom 1.8.2018)