„Wir sind angewachsen. Niemand von uns kann auf den Knopf drücken,“ klang es wie ein hoffnungsloser Jammer aus aller Mund.
Und abermals kroch ein hundertjähriges Schweigen über die uralten Männer.
„Ich muß austreten, austreten,“ stöhnte es plötzlich vom unteren Ende des Tisches, und die uralten Männer schreckten auf und schauten ihn an, der also gesprochen und nun verlegen vor sich hin sah. Und wie ein Blitz kam die Erkenntnis über alle, daß sie alle austreten müßten, und es war eine große Not unter den uralten Männern.
Da aber geschah es, daß Genoveva aus Schneidemühl der Verzweiflung der uralten Männer gewahr wurde, und sie kam spornstracks herbei und befreite mit mildem Augenaufschlag und einer Schere, ritsche, ratsch, die Unglücklichen.
Und sie gelangten von ungefähr in den Saal von etwan fünfhundert Metern im Geviert, darinnen die seltsamen Dinge aufgestellt waren, und sie fürchteten sich sehr und gingen scheu wieder zurück und setzten sich an ihren Tisch.
Und der uralte Mann, der zu Häupten des Tisches saß, blätterte verloren in den leeren Konzeptpapierbogen, die vor ihm lagen; doch plötzlich weitete sich sein Blick, seine Brust hob und senkte sich voller Erregung, und er wies stumm in heiligem Erbleichen auf ein Blatt, auf dem die vorgedruckten Karrees mit Bleistift nachgefahren waren, das mit wirren Bleistiftschnörkeln bedeckt war und auf welchem in gesuchter Schönschrift viele Male das Wort „Denkmal“ geschrieben stand.
Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/132&oldid=- (Version vom 1.8.2018)