animierter. Er bekam einen roten Kopf und wollte das tirolische Fräulein, das ihm zunächst saß, kneifen. Der Wirt erhob Einspruch, das ernüchterte den Vater ein wenig, und plötzlich kam das schreckliche Bewußtsein über ihn, daß er noch immer keine Beethovenbüste hatte. Was kümmerten ihn die tirolischen Fräuleins? Sein Pflichtgefühl erwachte jäh, er hatte eine heilige Mission zu erfüllen!
Auf dem Klavier stand zwischen zwei Makartbuketts in gußeisernen Vasen die Büste eines bärtigen Mannes, der dem Beethoven aus dem Warenhause ziemlich ähnlich sah. Der Vater bemerkte plötzlich diese Büste. Seine Augen weiteten sich. Beethoven! Der Beethoven dort auf dem Klavier war viel charakteristischer als der im Warenhaus gekaufte! Er mußte diese Büste haben! Er war des Weitersuchens herzlichst müde.
Herr Pips Moellemann verhandelte auf seine Bitte am Büfett mit dem Wirt, der nicht so recht anzubeißen schien, aber doch endlich für fünfunddreißig Mark die Gipsbüste an den Vater abtrat. Daß es sich bei dieser Büste um Andreas Hofer handelte, verschwieg man dem Vater. Man wollte ihm eine Enttäuschung ersparen.
Schweren Herzens dachte der Vater an die fünfunddreißig Mark, die er seinem Ersparten entnehmen mußte.
Die Büste im Warenhaus hatte schon die dreißig Mark des Vereins verschlungen.
Aber man lebt nur einmal! Der Vater überwand bald seine grüblerische Stimmung. Pips Moellemann ließ Flasche auf Flasche anfahren. Der Vater verlor mehr und mehr an Haltung. Er versuchte den Gesang
Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/126&oldid=- (Version vom 1.8.2018)