Voltigieren durch den Wagen mit seinem nach einem Stützpunkt suchenden krampfhaften Armgeschlage den Hut vom Kopfe hieb. Die alte Dame mit dem Hund schimpfte in häßlichen Ausdrücken, rief nach der Polizei und dem Schaffner. Der Konditorjunge weinte, und alle im Wagen nahmen seine Partei und sagten, Aloys müsse unbedingt die Torte bezahlen. Der Schaffner verwies ihm in strengem Ton, in der Mitte des Wagens zu stehen; er solle sich an die Vordertür stellen. Da war auch ein Ledergurt an der Decke angebracht, an dem man sich hätte halten können, wenn er nicht so schmierig und glitschig gewesen wäre.
Die Stellung an der Vordertür war äußerst quälend. Fortgesetzt mußte Aloys unter Gefahr einer Darmverschlingung den Rumpf im rechten Winkel zur Seite wenden, weil jeden Augenblick der Schaffner durch ein kleines Fensterchen mit einer Klappe, wie sie an Zellentüren in Gefängnissen angebracht sind, den Leuten auf dem Vorderperron Billetts reichte. Jetzt war einer an der letzten Haltestelle eingestiegenen alten Frau mit einem Korbe ihr 50-Pfennig-Stück, das sie krampfhaft zwischen den runzeligen, gichtknotigen Fingern gehalten hatte, gefallen und zwischen die Latten des Bodenbelages geraten. Natürlich war Aloys Behnewind mit seiner guten Seele der erste, der sich bückte, um das entfallene Geldstück zwischen den Latten hervorzuholen. Er blickte sich zu tief und fiel bei einer Kurve vornüber; dabei rutschten ihm seine Zigarren, seine Briefschaften, sein Notizbuch aus den Taschen und verstreuten sich auf dem schmutzigen Boden des Wagens. Auch der Kneifer fiel ihm von der Nase. Dann
Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/030&oldid=- (Version vom 1.8.2018)