aufzutreten und ihre Geschäfte in grossem Stil zu betreiben gedachte. Die übrigen Faktoreien sind weniger bedeutend.
Um nun aus diesen Zahlen ein einigermassen zutreffendes Bild von dem wirtschaftlichen Charakter der Unternehmungen des Hauses zu gewinnen und die Richtung wenigstens im allgemeinen zu erkennen, in der sich dasselbe während der dreissig Jahre entwickelte, ist es nötig, festzustellen, welche Art von Geschäften auf den einzelnen Faktoreien im Vordergrunde standen. Und zwar wird vor allem Waren- und Geldhandel zu scheiden sein, soweit dies möglich ist. Denn ein schnelles und nachhaltiges Wachstum der Aktiva einer Filiale würde als ein Zeichen wirtschaftlichen Gedeihens von geringerer Bedeutung sein, wenn es auf der Zunahme der Geldgeschäfte beruhte, da diese mit vielfacher Gefahr verbunden waren und ihr buchmässiger Gewinn sich nicht immer leicht realisieren liess. Zunehmende Aktiva bei zunehmendem Warenhandel müssten dagegen ein günstigeres Licht auf die Gesamtlage werfen. Vollständig in dieser Beziehung klar zu sehen, ist nun auch auf Grund des Geheimbuches nicht möglich, da die Aufzeichnungen desselben gewissermassen nur Querschnitte der Geschäftslage bieten, wie sie sich gerade am Ablaufe des zwei- bis dreijährigen Zwischenraumes von einer Bilanzstellung zur anderen gestaltet hatte. Wohl aber bietet sich ein Anhalt zur Beurteilung dieser Verhältnisse, wenn man die verschiedenen Posten ins Auge fasst, aus denen sich die Gesamtaktiva der einzelnen Filialen jedesmal zusammensetzen. Und zwar kommt es vornehmlich darauf an, die überlieferten Werte für die vorhandenen Warenvorräte und die Aussenstände der Faktoreien einander gegenüberzustellen. Das dauernde Fehlen oder ein anhaltend geringer Umfang des Warenkontos bei erheblichen und zunehmenden Aussenständen macht es wahrscheinlich, dass an dieser Stelle vorwiegend Bankgeschäfte betrieben wurden, während des Vorhandensein gleichmässig nachzuweisender, erheblicher
Johannes Hartung: Aus dem Geheimbuche eines deutschen Handelshauses im 16. Jahrhundert. Emil Felber, Wien 1898, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hartung_Geheimbuch_eines_deutschen_Handelshauses.djvu/12&oldid=- (Version vom 1.8.2018)