uns auf unsere diesbezüglichen Bemerkungen im Allgemeinen geantwortet: „Bebel wird ja doch nicht gewählt, wir müssen gleich den Volksparteiler wählen, damit er in der ersten Wahl schon durchkommt.
Vergeblich war aller Hinweis unsererseits, daß dies vollständig ausgeschlossen sei. Das Resultat des ersten Wahlgangs war denn auch Stichwahl zwischen Volkspartei und deutscher Partei, aus der dann mit unserer Hilfe der Volksparteiler als Sieger hervorging. Manch heißen Kampf hatten wir in der Folge noch mit der Volkspartei zu führen, bis es uns gelang, den größten Teil der Arbeiter auf unsere Seite, auf den Platz zu bringen, wohin sie naturgemäß gehören.
Hiezu benützten wir fast ausschließlich die volksparteilichen Versammlungen, einmal, weil das billiger für uns war, dann aber auch deshalb, weil uns die in Betracht kommenden Säle systematisch verweigert wurden. Nebenbei pflegten wir auch das gesellschaftliche Gebiet, ein Männergesangverein wurde gegründet, der sich zur Aufgabe machte, nur Lieder der neuen Zeit, Tendenzlieder einzuüben und zum Vortrag zu bringen.
Bald erschollen denn auch in von uns arrangierten Sonntagsunterhaltungen unsere alten vierstimmigen Chöre „Wer schafft das Gold zu Tage“, „Ein Sohn des Volkes will ich sein“, „Wer müht sich um geringen Sold“, „Die rote Fahne pflanzt nun auf“ und andere mehr. Unsere Frauen und Kinder, sowie eingeführte Bekannte wurden auch im Lied auf unseren Klassenkampf hingewiesen, die Genossen selbst zu neuem Kampf begeistert.
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/7&oldid=- (Version vom 1.8.2018)