schaffte die Mutter die 6000 Flugblätter durch die Dachsparren auf den oberen Boden.
Ein Schutzmann war mittlerweile vom Beamten abkommandiert, zu welchem Zweck, ahnte ich nur zu gut.
Die Arbeit schritt auf beiden Seiten vor, am raschesten in der Dachkammer. Die 6000 Flugblätter waren eine Stiege höher in der oberen Kammer, die auch mir gehörte.
Die Frau hatte natürlich oben zu tun und da ich mich dafür interessierte, ging ich mit dem Kinde auf dem Arm auch auf kurze Zeit nach oben.
Neben der oberen Kammer liegt eine zweite Kammer durch einen Lattenverschlag getrennt. Hier waltete auch wieder der gute Stern. Eine leere Kiste steht in der Nachbarskammer. Hier hinein mit, Frau, mit alten Kleidern zugedeckt und mit Hilfe dieses alten Stockes, des einstigen Reisebegleiters des Handwerksburschen, möglichst weit vom Lattenverschlag weggeschoben, sagte ich leise und verschwand wieder, um meine unterbrochene Promenade unten fortzusetzen.
Nach zweistündigen, heißen und schweißbringenden Bemühungen, ist man endlich unten auch fertig. Der Schutzmann ist zurückgekehrt und der Beamte eröffnete mir nun das Vorausgesehene: „Im Auftrag der Kgl. Staatsanwaltschaft habe ich nun auch bei Ihnen Haussuchung vorzunehmen.“ Ich verbeugte mich, kalt lächelnd, mit den Worten: „Bitte, suchen Sie“.
Es wird unten weiter gesucht. Der Beamte fragt den als Urkundsperson anwesenden Hausbesitzer: „Hat Herr K. – wie wohltuend für den Genossen, als Herr behandelt zu werden – oben
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/54&oldid=- (Version vom 1.8.2018)