hinweggebracht hat. Die „Neckarzeitung“ wurde zur Hand genommen, ich machte Erligheim mit dem Geniestreich Isaks bekannt, schilderte ihm das lange Gesicht des Herrn Untersuchungsrichters, falls er wüßte, wie er hinters Licht geführt wird, die Wut vom Scheren-Schnell, wenn er Kenntnis hätte, zu welchem Zweck der Kopf seines „geschätzten“ Blattes verwendet wird und helle Lachsalven erfüllten unseren Raum, wir hatten vollständig vergessen, daß wir hinter schwedischen Gardinen saßen und wurden erst wieder daran erinnert, als unser Christian abermals auf der Bildfläche erschien, um etwas auszurichten.
Christian sagte: „Einen schönen Gruß von Ihrer Frau und sie werde erst morgen früh wieder kommen, aber den Wein werde sie jeden Tag bringen und ich müsse ihn trinken, damit ich meine gute Laune nicht verliere, die Parteigenossen, ganz besonders Isak wollen es ausdrücklich haben und sie hätten gesagt, deshalb werde meiner Familie doch nichts fehlen.“
Und so blieb es beim Wein, und meiner Familie ging nicht das mindeste ab, der Opfermut und das Solidaritätsgefühl der Proletarier, der klassenbewußten Arbeiter von damals, waren größer denn heute.
Nachdem sich Christian wieder verzogen und unser Frühstück beendet war, setzten wir uns unter unser großartiges Fenster, ansonst es uns nicht möglich gewesen wäre, zu lesen. Zuerst kamen die Zeitungen an die Reihe, Erligheim bekam natürlich so viel er wollte und es war für mich eine Lust zu sehen, mit welcher Gier dieser Bauernbursche, der nun schon die siebente Woche in
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/33&oldid=- (Version vom 1.8.2018)