mit großem Behagen auf mein eifriges wiederholtes Zureden, sie war ihm etwas Neues, Seltenes. Sieben Wochen dauerte nun schon seine Untersuchungshaft und der Termin der Hauptverhandlung, in der es sich entscheiden sollte, ob er verurteilt oder freigesprochen wird, war auf 14 Tage später angesetzt.
Ich wanderte indessen wie ein gereizter Tiger in seinem Käfig in meinem auf und ab, auf Gott und die Welt, besonders aber auf Bismarck schimpfend und fluchend.
Unglücklicherweise stand meine Lagerstatt auch noch am Weitesten vom Fenster entfernt, die Bessere, vis-à-vis vom Fenster, hatte sich mein Erligheimer, als er die letzten Tage allein war, wie üblich, gewählt.
Also, richtig! Angekleidet wie ich war, warf ich mich nach 10 Uhr auf die Pritsche, nachdem die Lampe gelöscht – wo gerate ich jetzt wieder hin? Lampe, Licht? Außer dem Tageslicht ist in diesem Eldorado nichts derartiges bekannt.
Man denke sich nun die trüben Wintertage, die langen Winternächte in einem solch spärlich erleuchteten Käfige, darin einen Menschen, der sich keiner Schuld bewußt ist, ohne verurteilt zu sein, Tag und Nacht, Wochen, ja Monate lang eingesperrt und man kann sich einen Begriff machen von der Größe der geistigen und körperlichen Tortur, der der Angeklagte, noch nicht Verurteilte unterworfen wird, bevor nur der Richter sein Schuldig gesprochen.
Solche und ähnliche Gedanken bewegten mich, ich dachte an Weib und Kinder, besonders an letztere, da ich mit derselben innigen Liebe an
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)